Autofahren ist gefährlich, da kann immer was passieren. Das Wichtigste dabei ist, dass man immer die Straße im Blickfeld hat – und weit nach vorne schaut. Auf den Finanzmärkten ist es ähnlich. Bei jeder geplanten Veranlagung sollte der Blick in die Zukunft die Grundlage für oder gegen ein Investment sein.
Für viele Anlegerinnen und Anleger steht bei ihrer Anlageentscheidung aber überwiegend die Entwicklung der Vergangenheit im Vordergrund. Beim Autofahren würde man dazu sagen: „Wir fahren vorwärts, schauen dabei aber permanent in den Rückspiegel“. Würden Sie das so machen?
Anhand eines ausgewählten Anleihefonds zeigen wir, wie wenig aussagekräftig der Blick in den Rückspiegel ist und ob nicht andere – vorwärts orientierte – Indikatoren für oder gegen eine Veranlagung in diesen Fonds besser wären.
Der Blick in den Rückspiegel beim ESPA BOND EURO-MÜNDELRENT
Der Fonds investiert in Anleihen österreichischer Emittenten, welche auf Euro lauten (Bundesanleihen, Pfandbriefe und fundierte Bankschuldverschreibungen). Alle diese Anlagen (der Schwerpunkt liegt auf österreichischen Bundesanleihen) bieten eine sehr hohe Bonität.
In den letzten Jahren gab es einen Trend zu fallenden Renditen bei Anleihen mit guter Bonität – wie es auch österreichische Staatsanleihen sind. Das bedeutet, dass bestehende Anleihen stark im Kurs gestiegen sind. Von diesem Trend konnten auch die Anleihen im ESPA BOND EURO-MÜNDELRENT profitieren und somit kann der Fonds eine sehr gute Ertragsentwicklung vorweisen.
Die Grafik zeigt die Entwicklung (Performance) des Fonds über die letzten 10 Jahre sowie die Entwicklung der Rendite für Österreichische Staatsanleihen im gleichen Zeitraum.
Die Wertentwicklung bei einem Anleihefonds setzt sich aus zwei Teilen zusammen:
- Zinszahlungen der Anleihen (Kupons)
- Veränderung der Anleihekurse (Kurssteigerungen oder Kursrückgänge)
Die Renditen sind in den letzten 10 Jahren laufend gesunken. Das bedeutet, dass im Fonds neu erworbene Anleihen einen niedrigeren Kupon aufweisen. Somit konnten in Summe immer weniger Zinszahlungen lukriert werden. Im Gegenzug wirken sich sinkende Renditen aber in steigenden Kursen der im Fonds befindlichen Anleihen aus. Im Zeitverlauf gewannen die Kursgewinne im Vergleich zu den Zinszahlungen immer mehr an Bedeutung.
Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass es für den Anleger egal ist, woher die Performance des Fonds stammt. Wenn man die Ergebnisse (Blick in den Rückspiegel) betrachtet, kann man feststellen, dass es sich bei diesem Fonds in der Vergangenheit um ein sehr ertragreiches Investment gehandelt hat.
Doch welche Aussagekraft haben die Ergebnisse aus der Vergangenheit für die Zukunft?
Und wie kann man die zukünftigen Ertragschancen vorweg abschätzen?
Der Blick durch die Frontscheibe beim ESPA BOND EURO-MÜNDELRENT
Wie oben erwähnt bestehen die Erträge des Fonds aus Zinszahlungen (Kupons) und aus Kursgewinnen. Werfen wir daher zunächst einen Blick auf die aktuellen Renditen für die Anleihen, die für diesen Fonds erworben werden:
Die Zinskurve (Renditestrukturkurve) für Österreichische Staatsanleihen stellt die Rendite bezogen auf die Restlaufzeit in Form einer Grafik dar. Anleihen mit hoher Qualität sind aktuell sehr gefragt und weisen bereits niedrige Renditen auf. Staatstitel mit einer Restlaufzeit bis 8 Jahre rentieren unter Null Prozent. Das bedeutet: Eine Veranlagung verbunden mit einem Halten bis zur Fälligkeit der Anleihe führt zu einem Kapitalverlust. Auch für 10 Jahre Restlaufzeit halten sich die Zinserträge in Grenzen.
Wenn man berücksichtigt, dass eventuell noch Spesen und Steuern für diese Investments anfallen, dann kann man erkennen, dass es sich bei diesen Anleihen aktuell nicht gerade um attraktive Anlagen handelt, wenn man die zukünftigen Ertragschancen betrachtet.
Der Blick durch die Frontscheibe zeigt:
- Zinserträge sind in den kommenden Jahren eher nicht zu erwarten.
- Kursgewinne würden sich nur einstellen, wenn die Zinsen noch weiter fallen.
- Bei steigenden Renditen sind Kursverluste zu erwarten!
ESPA BOND EURO-MÜNDELRENT – Rückspiegel vs. Frontscheibe
Der Fonds konnte in den vergangenen Jahren sehr attraktive Erträge für die Anlegerinnen und Anleger erzielen. Die Veranlagung in Österreichische Staatsanleihen war zweifellos aus Investorensicht eine sehr gute Entscheidung.
Wiegt man nun die zukünftigen Chancen ab, dominieren sehr niedrige bis negative Zinsen bei den Anleihen, die für den Fonds erworben werden können, und eventuell auch Kursrückgänge bei den Anleihen im Falle von steigenden Renditen. Beides sind für Anleihe-InvestorInnen nachteilige Komponenten.
Aus Ertragssicht drängen sich neue Investments in diesen Fonds nicht auf und bestehende Investments sollten hinsichtlich möglicher Umschichtungen in Anlagen mit höheren Ertragschancen überdacht werden.
Falls jedoch Wert auf eine Veranlagung in Anleihen mit sehr hoher Bonität bzw. in Österreichische Staatsanleihen gelegt wird, ist dieser Fonds eine passende Wahl.
Die Erkenntnisse aus dem Beispiel
Jede Veranlagungsform hat einen zugrunde liegenden Markt, in den investiert werden kann bzw. muss. Euro-Staatsanleihen mit sehr guter und guter Bonität waren in der Vergangenheit ein sehr gutes Investment. Mit vielen Fonds, die in diesem Segment veranlagen, waren in den letzten Jahren überproportional hohe Erträge zu erzielen. Für die kommenden Jahre sieht das Bild eher umgekehrt aus, denn die Ertragsmöglichkeiten sind sehr begrenzt bzw. sind auch Jahre mit negativen Ergebnissen zu erwarten.
Fazit
Der Blick in den Rückspiegel ist bei Investments der Blick in die falsche Richtung. Ähnlich wie der Fahrt mit dem Auto kommt die Zukunft – die Chancen und Risiken – von vorne und nicht von hinten. Investments sollten daher immer mit dem Blick durch die Frontscheibe beurteilt werden. Nicht umsonst steht bei jedem Chart der Hinweis: „Die Entwicklung der Vergangenheit lässt keine verlässlichen Rückschlüsse auf zukünftige Entwicklungen zu“.
sensationell guter Artikel! sehr lesenswert. Leider basieren fast alle Investoren Ihre Entscheidungen aus dem Blick in den Rückspiegel. SYA – ich bin Mensch – nichts menschliches ist mir fern