Um der globalen Pandemie entgegen zu wirken hat die europäische Zentralbank (EZB) wie auch andere einflussreiche Zentralbanken mit noch nie dagewesen monetären Maßnahmen reagiert und die Weltwirtschaft vor dem Zusammenbruch bewahrt.
Dieses Anleihe-Notprogramm wird mit den Namen PEPP („Pandemic Emergency Purchase Program“) in die Wirtschaftsgeschichtsbücher eingehen. Aufmerksame Beobachter sehen sofort die Verflochtenheit und Abhängigkeit zur Pandemie explizit im Namen ausgedrückt.
Aufmerksame Zuhörer wissen zudem auch, dass EZB Präsidentin Christine Lagarde ein Ende des außerordentlichen Ankaufsprogramms fortwährend an die Entwicklung im Kampf gegen Corona geknüpft hat und das unmissverständlich: „Vorgesehen ist die temporäre Maßnahme (PEPP) solange, bis der EZB Rat die kritische COVID-19 Phase als abgeschlossen einschätzt, allerdings mindestens bis Ende März 2022“.
„Mit Blick nach Großbritannien und dem starken Ausbruch der Omikron Variante, können wir die Ansicht, dass die kritischge Phase vollends vorbei ist, zumindest anzweifeln.“
Peter Paul Pölz, Fondsmanager Anleihen
© Bild: Erste AM
Keine weiteren Anleihenkäufe
Bei der Zentralbanksitzung am 16. Dezember 2021 wurde nun offiziell verkündet, dass es nach März 2022 keine weiteren Anleihenkäufe im Rahmen des PEPP geben wird.
Aufgrund der zuvor getroffenen Aussagen folgt die Schlussfolgerung, dass Christine Lagarde letzten Donnerstag die kritische Phase als beendet sieht. Mit Blick nach Großbritannien und dem starken Ausbruch der Omikron Variante, können wir diese Ansicht zumindest anzweifeln.
Auch in Europa rücken Restriktionen immer stärker in den Fokus der einzelnen Regierungen. Österreich hatte bekanntlich schon den vierten Lockdown. Was steckt also hinter den Entscheidungen und wie sieht der weitere Schlachtplan der EZB aus?
Inflation vs. Pandemie
Die EZB hat kein leichtes Leben. Mitten in der vierten Welle mit Ängsten über die scheinbar noch ansteckendere Omikron Variante erweist sich die Inflation nun doch nachhaltiger als zuvor angenommen.
Der Druck ausgehend von steigenden Energiepreisen und kaputten Lieferketten wird nun auch im Jahr 2022 eine bedeutende Rolle spielen. Dieser Umstand spiegelt sich auch in den Projektionen für die kommenden Jahre wider.
Prognosen wurden kurzfristig signifikant nach oben revidiert, wobei es fundamental keine Änderung an der zugrundeliegenden Rhetorik gab. Mittel- und langfristig soll weiterhin die gewohnte Inflationsrate zurückkommen und sich unter dem Zielwert von 2% einpendeln.
Zudem haben die US-Zentralbank (FED) und die englische Zentralbank (BoE) vorgelegt und bereits konkrete Maßnahmen angekündigt, damit den bestehenden Inflationstrend anerkannt. Die BoE hat sogar mit einer Leitzinsanhebung überrascht (von 0,10% auf 0,25%).
In Anbetracht der Tatsache, dass die EZB oftmals als Nachzügler angesehen wird, ist der direkte Einfluss hier nicht auszuschließen.
Kein Ende der „kritischen Phase“
Von einem Ende der „kritischen Phase“ der Pandemie kann nun wirklich nicht die Rede sein. Wie bereits eingangs erwähnt, ist die vierte Welle noch nicht vorbei und Omikron steht bereits in den Startlöchern.
Die Niederlande und Dänemark haben bereits Lockdowns angekündigt, um eine rasende Verbreitung zu verhindern. Obwohl man die negativen wirtschaftlichen Folgen mit jeder Welle etwas reduzieren konnte, so ist die pandemische Lage weiterhin als kritisch anzusehen.
Dadurch lässt sich die Annahme ableiten, dass einerseits der aktuelle Inflationsausblick aber andererseits auch die vorsichtige positive Erwartungshaltung bezüglich Corona der Auslöser für den hawkischeren Ton der Zentralbank war.
Sitzung der EZB: Pfad der Normalisierung
Mit der Sitzung Mitte Dezember hat die EZB auch den Pfad für das Jahr 2022 vorgegeben. Große Überraschungen gab es keine, aber einige Details konnten dennoch die Aufmerksamkeit der Marktteilnehmer auf sich ziehen.
Wir wissen bereits, dass das PEPP mit Ende März enden wird. Ein weiteres Ankaufsprogramm, APP (Asset Purchasing Programme) genannt, wird jedoch im zweiten Quartal aufgestockt und nimmt im Verlauf des Jahres kontinuierlich ab.
So werden in Q2 40Mrd, in Q3 30Mrd und von Q4 an 20Mrd an Anleihen pro Monat gekauft. Im Rahmen des PEPP waren es teilweise bis 80Mrd pro Monat, somit signifikant höher. Die Flexibilität bezüglich Länderallokation wird dabei an einen bekannten Schlüssel limitiert.
Die Folge daraus ist, dass besonders Peripherieländer wie Italien und Spanien nicht mehr im gleichen Ausmaß unterstützt werden. Die Auswirkungen werden kurzfristig jedoch moderat ausfallen da Reinvestitionen aus dem ehemaligen PEPP weiterhin keinen Limits unterliegen und jene Reinvestitionen bis 2024 verlängert wurden.
Die am Markt verfügbare Liquidität bleibt somit weiterhin hoch. Damit sollte man mit keiner Zinsanhebung in der Eurozone im Jahr 2022 rechnen.
FAZIT:
Zusammenfassend kann man sagen, dass sich die EZB zwischen den beiden Risikopolen Inflation und Pandemie in einer sehr schwierigen Position wiederfindet.
Mit dem ersten Schritt der Normalisierung möchte man aber ein Signal der Hoffnung präsentieren. Die Omikron Variante könnte mildere Verläufe hervorrufen und die daraus entstandenen wirtschaftlichen Auswirkungen fallen dann moderater aus.
Zudem wird sich die erhöhte Inflationsrate über die nächsten Monate wieder einpendeln und nahe dem Zielwert von 1,8% verweilen. Beide Risiken wurden explizit von der Zentralbank anerkannt, wodurch das Risiko einer gravierenden Fehleinschätzung der EZB sich deutlich verringert hat.
Wichtige rechtliche Hinweise:
Prognosen sind kein verlässlicher Indikator für künftige Wertentwicklungen.