Die Ölallianz OPEC+ hat bei ihrer mit Spannung erwarteten Sitzung in der abgelaufenen Woche nur eine minimale Erhöhung der Fördermengen ab Herbst beschlossen. Nach den jüngsten Erhöhungen wird das gemeinsame Tagesproduktionsziel ab September um 100.000 Barrel (1 Barrel = 159 Liter, Anm.) ausgeweitet. Die OPEC hat ihre Entscheidung mit dem Verweis auf ihre geringen Kapazitätsreserven begründet. So litten die Kapazitäten unter dem Investitionsmangel im Ölsektor in den vergangenen Jahren. Die Entscheidung wurde teilweise mit Enttäuschung aufgenommen, denn erwartet wurde vielerorts eine deutlich stärkere Erhöhung um die Versorgungslage zu entspannen und den Höhenflug der Ölpreise zu bremsen.
So war US-Präsident Joe Biden im Juli zu einem Staatsbesuch nach Saudi-Arabien gereist – auch mit dem Ziel eine Erhöhung um 400.000 bis 500.000 Fass zu erreichen. Angesichts der hohen Benzinpreise an den Tankstellen und der nach oben geschossenen Inflation hat Biden ein starkes politisches Interesse daran die Ölpreise niedrig zu halten.
Auch Europa hatte von der OPEC eine größere Erhöhung der Fördermengen erhofft. Denn ab Dezember tritt das wegen des Ukraine-Kriegs verhängte EU-Ölembargo gegen Russland in Kraft: es untersagt russische Ölimporte per Schiff. Viele Länder müssen daher die Öllieferungen aus anderen Ländern erhöhen oder überhaupt neue Lieferanten suchen um den Wegfall auszugleichen.
Saudi-Arabien will bei Engpass Ölproduktion weiter erhöhen
Saudi-Arabien hat seine Bereitschaft signalisiert die Ölförderung im Bedarfsfall deutlich zu erhöhen, sollte es im Winter zu Versorgungsengpässen kommen. Insidern zufolge verfügen Saudi-Arabien, die Emirate und einige andere Mitglieder des Exportkartells über zusätzliche Förderkapazitäten von 2 bis 2,7 Millionen Barrel pro Tag. Viele andere Exportländer können dagegen selbst die bisherigen Quoten kaum erfüllen, weil ihre Förderanlagen wegen mangelnder Investitionen marode sind.
Kasachstan hat etwa die Hoffnungen auf eine Ausweitung der Öllieferungen nach Europa zuletzt gedämpft. Die Mengen, die durch den Verzicht auf russisches Öl wegfielen, könne Kasachstan nicht einfach so ersetzen, sagte zuletzt der Energieminister des Landes, Bolat Aktschulakow laut der russischen Nachrichtenagentur Interfax. Die Ölförderung sei nicht vergleichbar mit einem Wasserhahn, den man einfach weiter aufdrehen könne, so Aktschulakow. „Um solche Mengen an Öl zu fördern, muss man viel Geld in die Felder investieren und Bohrungen vornehmen“, sagte er. Das erfordere viel Zeit und Geld. Für Österreich ist Kasachstan mit einem Anteil von 40 Prozent das wichtigste Importland für Erdöl.
Eine teilweise Entspannung zeichnet sich jedenfalls am Rohölmarkt ab: Nachdem die Ölpreise angetrieben vom Ukraine-Krieg und dem Ende vieler Corona-Beschränkungen monatelang zugelegt hatten, kommen sie seit einigen Wochen wieder von ihrem Höhenflug zurück. Der Preis für ein Fass der wichtigen Referenzölsorte Brent ist zuletzt auf unter 100 Dollar je Fass gesunken und notiert nun wieder in etwa auf dem Niveau von dem Beginn der russischen Invasion in der Ukraine. Am Montag hielt der Brent-Preis zuletzt bei rund 95 Dollar.
EZB: Ökonomische Auswirkungen der Ölpreisanstiege überschaubar
Auch könnte die dämpfende Wirkung der Ölpreisanstiege glimpflicher ausfallen als befürchtet. Ein anhaltender Ölpreisschub würde laut einer jüngsten Studie der Europäischen Zentralbank (EZB) das Wachstumspotenzial der Eurozone nur in einem überschaubaren Ausmaß schmälern. Bei einem länger anhaltenden Preisschub von 40 Prozent in den nächsten vier Jahren verglichen mit 2017 bis 2020 würde das Wachstumspotenzial im Währungsraum mittelfristig um etwa 0,8 Prozent geringer ausfallen, hieß es in einer Anfang August veröffentlichten Untersuchung der EZB.
Den Experten zufolge wäre dies nur ein „begrenzter Schock“. Denn die EU-Kommission beispielsweise geht von einer Zunahme des Wachstumspotenzials in den nächsten vier Jahren von zusammen etwa 5,2 Prozent aus. Die EZB bezieht sich dabei auf Untersuchungen, in denen jüngste Ölpreisanstiege mit der Ölpreiskrise der 1970er-Jahren verglichen werden. Die Abhängigkeit der Wirtschaft von Öl ist den Studien zufolge seit damals deutlich geringer geworden. So sei 1973 rund ein Barrel Öl benötigt worden, um etwa 1.000 Dollar an Wirtschaftsleistung (BIP) zu erbringen. Heute sei dafür weniger als die Hälfte erforderlich. Den Kalkulationen der EZB zufolge würde ein Anstieg des Ölpreises um ein Prozent das Wachstumspotenzial der Eurozone auf mittlere Sicht um etwa 0,02 Prozent schmälern.
Aus Sicht der EZB-Experten kann eine Notenbank die mittelfristigen Folgen für das Wachstum abmildern, wenn sie auf den Inflationsdruck infolge eines Ölpreisanstiegs reagiere und dadurch etwa die Inflationserwartungen steuere. „Zudem unterscheiden sich die aktuellen technologischen und wirtschaftlichen Bedingungen erheblich von denen, die während früherer Ölpreisschocks vorherrschten“, schreiben die Experten.
Ölkonzerne meldeten zuletzt Rekordgewinne
Nutznießer der hohen Ölpreise waren zuletzt naturgemäß die großen Ölkonzerne. OMV, Repsol, Shell und TotalEnergies legten Ende Juli Rekordgewinne vor und konnten die Vorjahreswerte um ein Vielfaches steigern. So hat die OMV im zweiten Quartal ihren Umsatz und Gewinn in etwa verdoppelt. Das um Lagerhaltungseffekte bereinigte CCS Operative Ergebnis vor Sondereffekten des Öl- und Gaskonzerns stieg auf ein Rekordergebnis von 2,9 Mrd. Euro.
Der französische Konzern Total steigerte seinen Gewinn trotz einer Abschreibung auf einen Anteil an einem russischen Gasproduzenten um 158 Prozent auf 5,7 Mrd. Dollar. Bereinigt um Sondereffekte kletterte das Ergebnis auf den Rekordwert von 9,8 Mrd. Dollar. Der Branchenkollege TotalEnergies hat den Gewinn im zweiten Quartal um 158 Prozent auf 5,7 Mrd. US-Dollar gesteigert.
Der spanische Konzern Repsol verdoppelte seinen Nettogewinn auf mehr als 2,5 Mrd. Euro. Der italienische Energiekonzern Eni hat das erste Halbjahr 2022 mit einem Nettogewinn von 7,4 Mrd. Euro abgeschlossen. Die geförderten Mengen gingen bei Eni zwar leicht zurück, das konnten die hohen Preise jedoch überkompensieren.
Auch bei den britischen Ölriesen sprudelten zuletzt die Gewinne. Shell fuhr einen bereinigten Gewinn von 11,5 Mrd. Dollar ein. Das ist mehr als doppelt so viel wie ein Jahr zuvor. Unterm Strich verdiente das Unternehmen 18 Mrd. Dollar und verfünffachte damit den Vorjahreswert. BP hat seinen Gewinn im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf 9,3 Mrd. Dollar verdreifacht.
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Trotz des schwierigen ersten Halbjahres an den Börsen konnte der Fonds heuer eine positive Performance an den Tag legen. Auf zehn Jahre betrachtet liegt der Wertanstieg im Schnitt bei 4,34% pro Jahr (Quelle Erste AM, OeKB per Ende Juni 2022, ohne Ausgabeaufschlag und Depotspesen).
ERSTE STOCK COMMODITIES – Rohstoffaktien der entwickelten Märkte
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