In der Vorwoche sind die Ölpreise auf die höchsten Stände seit vier Monaten gestiegen. Für den jüngsten Anstieg fand sich eine ganze Reihe von Gründen. So hat das US-Energieministerium Mitte der Woche einen überraschenden Rückgang der Lagerbestände an Rohöl in den USA gemeldet. Demnach waren sie zuletzt um 3,9 Millionen auf 449,1 Millionen Fass zurückgegangen. Im Vorfeld war hingegen mit einem Anstieg um drei Millionen Fass gerechnet worden.
Saudi-Arabien tonangebend
Außerdem hat Analysten zufolge der massive Stromausfall in Venezuela den Export von Rohöl stark beeinträchtigt. Unterdessen zeigte sich der saudi-arabische Energieminister Khalid al-Falih gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters mit der aktuellen Situation am Ölmarkt zufrieden. Und so kam zu ungeplanten Angebotsausfällen noch die Ankündigung Saudi-Arabiens, weiterhin weniger Öl fördern zu wollen, als die Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) im Rahmen ihrer Förderbeschränkungen mit anderen wichtigen Produzenten eigentlich vereinbart hat.
Saudi-Arabien ist der weltweit größte Ölproduzent und gilt als tonangebend in der OPEC. Daher scheint eine Änderung der Förderpolitik beim nächsten Treffen der erweiterten Gruppe der wichtigsten Förderländer am 17. und 18. April unwahrscheinlich. Zum Jahreswechsel hatten die Maßnahmen der sogenannten OPEC+ zur Stützung der Ölpreise durch den Austritt Katars aus dem Öl-Kartell einen Dämpfer erhalten, in der Folge aber wieder ihre Wirkung entfalten können.
Wie die Förderbeschränkungen den Ölmarkt verändert haben, zeigt der jüngste OPEC-Monatsbericht. Demnach dürfte die gesamte Welt-Ölproduktion zuletzt bei 99,15 Millionen Fass pro Tag gelegen haben. Davon entfielen im Schnitt noch 30,55 Millionen Fass täglich auf OPEC-Staaten. Ihr Anteil an der Gesamtproduktion ging damit wieder leicht zurück.
Keine Trendumkehr in Sicht
Im Jahr 2017, dem ersten Gesamtjahr in dem die Förderbeschränkungen vereinbart waren, lag die tägliche Produktion insgesamt bei 92,6 Millionen Fass. 39,4 Millionen davon kamen damals noch aus OPEC-Staaten. Die Weltproduktion ist also etwas gestiegen, während die wichtigsten Länder ihren Anteil daran deutlich reduziert haben. Der Ölverbrauch wird von der OPEC im laufenden Jahr mit weltweit rund 100 Millionen Fass pro Tag prognostiziert. Wie schon im Vorjahr fällt der Zuwachs damit auch 2019 etwas geringer aus. Grund dafür ist die Konjunkturschwäche beispielsweise in Europa und Nordamerika. Das Gesamtbild stellt sich im neuen Monatsbericht aber unverändert dar.
USA erhöhen Ölproduktion
Doch ebenfalls in der Vorwoche veröffentlichte die Internationalen Energieagentur (IEA) ihren Bericht „Oil 2019“. Im Zuge dessen warnte die Agentur vor den Folgen eines wachsenden Exports von US-Öl. Dieser werde die internationalen Handelsströme von Rohöl – mit tiefgreifenden Auswirkungen auf die Geopolitik – verändern, sagte IEA-Direktor Fatih Birol. In den kommenden fünf Jahren werden die USA demnach ihre Ölexporte dank der Schieferölförderung kräftig steigern, das Volumen der russischen Ausfuhren übertreffen und zu den Exporten Saudi-Arabiens aufschließen. In den kommenden fünf Jahren könnten der IEA zufolge die Vereinigten Staaten für 70 Prozent des globalen Anstiegs der Ölproduktion verantwortlich sein.
Mit diesen Aussichten dürfte das Ringen um den Ölpreis vorerst kein Ende nehmen: Auf der einen Seite zeigen sich Saudi-Arabien und die OPEC entschlossen, das Ölangebot niedriger zu halten. Auf der anderen Seite zeichnen sich massiv steigende Exporte von US-Schieferöl ab, die ursprünglich wesentlich für den Preisverfall in den vergangenen Jahren mitverantwortlich waren.
Wichtige rechtliche Hinweise:
Prognosen sind kein zuverlässiger Indikator für künftige Entwicklungen.