Die Ölpreise sind zum Jahresstart stark unter Druck geraten. In der Vorwoche kostete ein Barrel der Nordseesorte Brent zwischenzeitlich rund 54 US-Dollar. Anfang Jänner waren es noch fast 70 Dollar pro Fass gewesen. Als Hauptgrund für den Preisrückgang wurde an den Märkten die Sorge um die Folgen des Coronavirus in China angeführt.
Angesichts der Lungenkrankheit werden Auswirkungen auf die chinesische Konjunktur und damit eine spürbar niedrigere Nachfrage nach Öl befürchtet. So blieben etwa Betriebe auch nach den Feierlichkeiten zum chinesischen Neujahrsfest geschlossen, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Doch die Situation in China ist nur ein Aspekt der aktuellen Preisschwäche am Ölmarkt.
Coronavirus nicht einziger Belastungsfaktor
Die US-Energiebehörde EIA hat in ihrem aktuellen Monatsbericht ihre Prognosen für die Öl-Nachfrage deutlich gesenkt. Für das erste Quartal 2020 hat die EIA ihre Erwartungen für die tägliche Nachfrage um 900.000 Fass gegenüber der Schätzung im Jänner reduziert.
Spannend dabei ist, dass davon lediglich ein Minus von 320.000 Fass auf einen sinkenden Bedarf in China zurückgeführt wird. Dies könnte darauf hinweisen, dass eine mögliche Konjunkturschwäche in den OECD-Ländern (auf die eine Reduzierung der Prognosen um 500.000 Fass entfällt) als relativ höher eingeschätzt wird.
Auch die Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) hat ihre Prognose für die weltweite Nachfrage nach Rohöl kräftig gesenkt. Aus ihrer Sicht dürfte die Nachfrage im ersten Quartal um durchschnittlich 440.000 Barrel pro Tag niedriger ausfallen als bisher prognostiziert, wie aus dem Monatsbericht der OPEC hervorgeht.
Hält die Ölpreisstütze?
Vor diesem Hintergrund hat ein Komitee der OPEC ihren Mitgliedern und weiteren kooperierenden Ländern der OPEC+ bis Ende Juni eine zusätzliche Kürzung der vereinbarten Fördermengen um 500.000 Barrel pro Tag empfohlen.
Die zusätzliche Einschränkung soll Anfang März bei einem Treffen in Wien beschlossen werden. Doch im Vorfeld deutete sich verstärkter Widerstand gegen die Maßnahmen zur Preisstabilisierung an: Russland blockierte zunächst die Ausweitung der Produktionskürzungen und kündigte an, den Vorschlag des OPEC-Komitees genau zu „studieren“.
US-Lagerbestände bereits stark gestiegen
Erst im Dezember hatten sich wichtige Förderstaaten auf eine stärkere Drosselung um eine halbe Millionen Barrel pro Tag geeinigt. Ob im März eine erneute Einigung gelingt, ist fraglich. Zumal mit den USA ein aufstrebender Ölproduzent außerhalb der OPEC+ weiterhin keine Einschränkungen signalisiert.
Die zuständige US-Behörde hat ihre Prognose für das Wachstum der Weltnachfrage nach Öl in diesem Jahr um täglich 300.000 Barrel auf eine Million pro Tag reduziert. Dies dürfte jedoch vor allem zu einem verstärkten Lageraufbau und damit für höheren Druck auf die Preise führen – wie auch die offiziellen US-Lagerbestände nahelegen, die in der Vorwoche überraschend doppelt so stark zulegten wie erwartet.
Wichtige rechtliche Hinweise:
Prognosen sind kein zuverlässiger Indikator für künftige Entwicklungen.