Die internationalen Verträge sprechen vom 1,5 – 2°C Ziel. Es geht darum den Klimawandel auf ein erträgliches Ausmaß zu beschränken. Es ist zu spät ihm gänzlich Einhalt zu gebieten. Die Prozesse zur Anpassung an diese neue Realität nennen sich Adaption und sind sowohl Risiko als auch Chance.
Das Ende des Genuss‘?
Mögen Sie Grünen Veltliner, hin und wieder einen Spritzwein oder gar Champagner? Ich fürchte, es wird demnächst Zeit sich nach Neuem umzusehen. Schätzen Sie eher Syrah oder spanische Rotweine? Ich habe gute Nachrichten für Sie.
Dies soll keine rein, oenologische Abhandlung werden. Vielmehr geht es auch hier um die Auswirkungen des Klimawandels. Aktuelle landwirtschaftliche Studien gehen davon aus, dass über die nächsten Jahrzehnte klassische österreichische Reben wie der Grüne Veltliner durch die steigenden Temperaturen nicht mehr bei uns angebaut werden können.
Um die Jahrhunderte alte Weinbaukultur in unserem Land aufrecht zu erhalten, müssen Winzer neue oder bisher noch wenig angebaute Rebsorten aus südlicheren Regionen, wie Syrah, Ugni blanc oder Sauvignon zu ihren neuen Steckenpferden machen.
Das Waldviertel könnte gar in den nächsten Jahrzehnten mit Sorten wie Cabernet und Merlot zum neuen Zentrum österreichischer Weinkultur werden, sollten sich die düstersten Prognosen bewahrheiten, dass in den aktuellen Weinbaugebieten nur noch hitzeresistente Aramon-Reben, sogenannte Direktträger wie z.B. Uhudler, angebaut werden können.
Damit leben müssen
Gewisse Auswirkungen des Klimawandels könnten mit hoher Sicherheit eintreten, entweder weil die physikalischen Veränderungen schon zu weit fortgeschritten sind, um diese noch aufzuhalten, oder weil die Kosten um sie aufzuhalten exorbitant wären.
Dies ist der Grund, warum die internationalen Verträge wie das Klimaabkommen von Paris vom 1,5 – 2°C Ziel sprechen, aber niemals vom +/- 0°C-Ziel. Es geht darum den Klimawandel auf ein erträgliches Ausmaß zu beschränken, nicht (mehr) darum ihm gänzlich Einhalt zu gebieten. Wir müssen uns daher auf die neue Realität, wie im Weinbau, einstellen und uns dafür umstellen.
Die Prozesse dieser Umstellung werden unter dem Begriff Adaption zusammengefasst, dem letzten der fünf großen Themenblöcke des Erste Green Invest, die ich für Sie über die letzten Wochen beleuchten durfte. Während das Beispiel des Weinbaus gewissermaßen noch ein Luxusproblem umreißt, geht es in anderen Bereichen ums Überleben, wie in der Medizin und dem Küstenschutz.
Trockene Füße
Etwa zwei Drittel der Niederlande sind Überschwemmungsgebiet. Die modernen Schutzbauten gehen auf die 1920er Jahre zurück, selbst wenn die ersten Pläne dafür schon 17. Jahrhundert entstanden waren. Die so genannten Zuiderzeewerke trennten mit Hilfe hoher Dämme und Deiche die flachen Gewässer vor der niederländischen Küste von der Nordsee.
Durch den Bau von Poldern konnten beachtliche Landflächen gewonnen werden. Doch bereits 1937 stellte sich heraus, dass Teile der Schutzbauten unzureichend waren, ein Umstand den 1953 tausende Menschen mit ihrem Leben bezahlten. Die Niederlande antworteten mit dem Bau der noch fortgeschritteneren Deltawerke, die erst 1997 abgeschlossen wurden. Die Bauwerke wurden von der Amerikanischen Gesellschaft der Zivilingenieure sogar zu einem modernen Weltwunder erklärt.
Dennoch und trotz aller sukzessiven Verstärkungen der Schutzbauten, erkannten die niederländischen Ingenieure zuletzt, dass weiterhin Schwächen im Küstenschutz bestehen. Um den erwartbaren Folgen des Klimawandels – ein nur rund ein Meter höherer Meeresspiegel bis 2100 – zu widerstehen, müssen die aktuellen Dämme etwa auf die zehnfache Stärke ertüchtigt werden.
Andere Regionen können mit den gegenwärtigen Methoden nicht mehr geschützt werden. Stattdessen werden gewisse Gebiete aufgegeben und als Überflutungsbecken definiert. Das Ziel ist mit sanftem Küstenschutz dort Erfolg zu haben, wo die bisherigen schweren Verbauungen angesichts steigender Wasserspiegel nicht mehr funktionieren oder nicht mehr finanzierbar sind.
Unternehmen für Küstenschutz
Ein Unternehmen, das in diesem Bereich besonders aktiv ist, ist die niederländische Royal Boskalis, in die auch der ERSTE GREEN INVEST investiert ist. Das Unternehmen widmet sich allen Bereichen des Küstenschutzes. Es widmet sich insbesondere auch der Entwicklung neuer Lösungen sanften Küstenschutzes unter Berücksichtigung natürlicher Gegebenheiten, etwa durch künstliche Mangroven oder Korallenriffe.
Damit entstehen potentiell lebensrettende Antworten für ärmere Entwicklungsländer wie Bangladesch. Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass das Land bis 2050 rund elf Prozent seiner Landfläche an das steigende Meer verlieren wird. Rund 15 Millionen Menschen werden durch diesen Anstieg des Wassers um nur 50cm ihre Heimat verlieren.
Aktuell arbeitet das Unternehmen an einem Pilotprojekt in Java, das als Low-Tech Lösung bei einer Vielzahl betroffener Küsten- oder Inselstaaten in Südostasien und Afrika dienen könnte, für die harte Verbauungen wie in den Niederlanden unfinanzierbar sind.
Adaption ist überall nötig
Viele Aspekte der Adaption stecken noch in den Kinderschuhen, werden aber mit Fortschreiten des Klimawandels immer bedeutender. Dies betrifft die Landwirtschaft und die damit verbundene Ernährungssicherheit, ebenso wie den Tourismus, gerade etwa in den Alpen.
Die Tropenmedizin wird durch die Ausbreitung von Tropenkrankheiten nach Europa an zentraler Bedeutung gewinnen, und die Pharmaforschung entsprechend umdenken müssen. Aber auch so banale Themen wie der steigende Bedarf an Klimatisierung verlangen nach neuen Lösungen, um nicht durch energiefressende Klimaanlagen, den Klimawandel noch zusätzlich zu befeuern.
All dies sind Risiken, aber auch Chancen, für jene Unternehmen, die dafür Lösungen liefern. Aktuell macht der Themenblock Adaption nur rund 9% des ERSTE GREEN INVEST aus. Ein Anteil, der aber mit Sicherheit über die nächsten Jahre mit der Bedeutung des Themas steigen wird.
INFO:
Der ERSTE GREEN INVEST investiert weltweit vor allem in Unternehmen aus dem Bereich Umwelttechnologie. Der Investmentprozess des Fonds basiert auf fundamentaler Unternehmensanalyse. Die Titelauswahl erfolgt mit Fokus auf Unternehmen welche vor allem in den Bereichen Energie, Wasser, Abfall & Recycling, Transformation und Adaption tätig sind. Eine messbare positive Auswirkung (Impact) auf Umwelt beziehungsweise Gesellschaft steht bei der Investmententscheidung im Vordergrund.
Wichtige rechtliche Hinweise:
Prognosen sind kein zuverlässiger Indikator für künftige Entwicklungen.