Im Jahr 2016 haben uns die Wahlergebnisse zwei Mal überrascht: Sowohl Großbritanniens Austritt aus der Europäischen Union (Brexit), als auch der Wahlsieg von Donald Trump in den Vereinigten Staaten waren unerwartet, sind aber dennoch eingetreten. Dies wirft die Frage auf, ob die Europäische Union (EU) durch die französischen Wahlen am 23. April gefährdet ist?
Wird Marine Le Pen, die Präsidentschaftswahl in Frankreich gewinnen und damit Frankreich, einer der Urgründer der Europäischen Union aus dem Bündnis herausführen?
Ausstieg aus der EU – ein Krisenszenario?
Frankreichs öffentliche Staatschuld ist EUR 2.160 Milliarden hoch. Davon liegen ca. 60% in den Händen internationaler Investoren. Für sie, wäre eine Rückkehr vom Euro zur französischen Franc eine Katastrophe. Der Wert des Francs würde sinken und die Investoren bekämen weniger zurück, als sie verliehen haben.
Dieses Horror-Scenario treibt die Bewegung auf dem französischen Anleihen-Markt ins Extrem:
Seit Beginn der Kampagne im Herbst 2016 bewegt sich der Spread-Verlauf (siehe 2. Grafik) zwischen der französischen Anleihen-Rendite und der deutschen Anleihen-Rendite im -Verhältnis zu Marine Le Pens Popularität. Im Februar 2017 hatte Le Pens Popularität, – und damit die Rendite französischer Anleihen, mit 84 Basispunkten den höchsten Wert seit 2012 erreicht.
Dank der Unruhen in den französischen Vorstädten und der Schwäche ihrer Mitbewerber geht Marine Le Pen derzeit als die Gewinnerin aus den Umfragen in der ersten Runde hervor.
Umfragewerte Marine Le Pen vs. Emmanuel Macron
Wieviel Einfluss hat das Staatsoberhaupt?
Was bei der Diskussion um die Wahlen leicht vergessen wird, ist der Aufbau der Französischen Konstitution. Zwar erhält der gewählte Präsident oder die Präsidentin die volle Macht, allerdings nur in dem Fall, dass die eigene Partei die Mehrheit im Parlament, dem sogenannten Assemblee Nationale gewinnt. Sollte die Partei des Präsidenten oder der Präsidentin keine Mehrheit in der Legislative erhalten, so bleibt dem Präsident oder der Präsidentin nur eine repräsentative Rolle.
Wie hoch ist das Risiko zu einem „Frexit“?
Im Juni 2017 folgen die Parlaments-Wahlen in Frankreich. Derzeit besteht das Parlament aus 316 Abgeordneten der Sozialistischen Partei und 219 Abgeordneten aus der konservativen Partei. Es ist zu erwarten, dass das die nationale Partei Front Nationaleden Sprung ins Parlament schaffen wird, allerdings ist eine Mehrheit im Parlament eher fraglich. In wie fern jene Franzosen, die Marine Le Pen durch eine Protest-Wahl unterstützen, nicht doch lieber eine Gegenmacht ins Parlament wählen, wird sich noch zeigen. Auch wenn Marine Le Pen in den Umfragen sehr positiv abschneidet, bleibt ein Austritt Frankreichs aus der EU, und somit ein Absturz der französischen Staatsanleihen, in weiter Ferne.
Zur erwarten ist trotzdem eine erhöhte Volatilität bei den europäischen Anleihen, falls Marine Le Pen tatsächlich die erste Wahl-Runde bestehen sollte.
Sollte Marine Le Pen in der zweiten Runde verlieren, könnte das Vertrauen von US Investoren, welches seit Februar 2016 wackelt, wiederkehren. Das wird neue Investitionen in Europa und in europäische Aktien fördern.