Interview mit Toni Hauser, Fondsmanager des ERSTE BOND DANUBIA – Anleihefonds mit Schwerpunkt Zentral- und Osteuropa
Die Börsen in Zentral- und Osteuropa haben sich sehr unterschiedlich entwickelt. Während die Aktienmärkte bis auf die Türkei in der Region freundlich zeigten, gerieten die Kurse von Staatsanleihen aus der Region unter Druck. Was waren die Gründe dafür?
Die Hauptgründe dafür sind sicher in steigenden Inflationsraten zu suchen. Starke wirtschaftliche Stimuli nach dem Ausbruch der Pandemie haben dazu geführt, dass Inflationsraten – wie in vielen Teilen der Welt – immer wieder nach oben hin überrascht haben.
Dies führte letztlich zu Zinsanhebungen durch die Zentralbanken und zu Renditeanstiegen.
Wie entwickeln sich die einzelnen Volkswirtschaften?
Die Volkswirtschaften haben sich heuer schneller als erwartet erholt. Für nächstes Jahr erwarten wir die Fortsetzung der wirtschaftlichen Erholung, wobei eine Entspannung der globalen Lieferkettenprobleme – Stichwort Automobilproduktion in Zentral- und Osteuropa (CEE) – einen wichtigen Faktor darstellen sollte.
Wie beurteilst Du die Situation in der Türkei?
Die türkische Lira bleibt ein Sorgenkind. Den geldpolitischen Vorstellungen von Präsident Erdogan folgend, senkte die türkische Zentralbank trotz hohen Inflationsdrucks die Leitzinsen mehrmals, was dazu führte, dass sich die türkische Lira zu der am schlechtesten performenden Währung im zum Ende gehenden Jahr entwickelt hat.
Da sich zurzeit kein Machtwechsel abzeichnet, erwarten wir eine Fortsetzung der von Präsident Erdogan erwünschten Geldpolitik und somit eine weiterhin schwache Lira.
In den letzten Wochen sind die Spannungen zwischen Russland und der Ukraine massiv angestiegen. Was war der Grund dafür?
Grund dafür sind massive Truppenkonzentrationen in der russisch-ukrainischen Grenzregion. Die russische Armee dort hat bis jetzt ungefähr 100,000 Soldaten stationiert und wird nach Aussagen von Militärexperten bei weiteren Truppenverlagerungen ins Grenzgebiet bis Ende Jänner eine Stärke erreicht haben, die einen Angriff auf die Ukraine möglich machen wird.
„Eine wahrscheinliche Sanktion könnte sein, dass US- und europäische Investoren in keine russischen Lokalwährungsanleihen investieren dürften. Ich gehe davon aus, dass diese Sanktion von dem russischen Finanzsystem bewältigbar wäre.“
Anton Hauser, Senior Fondsmanager
© Bild: Erste AM
Wie reagieren die USA und Europa auf diese Entwicklung?
Die USA und Europa haben mit sehr scharfer Rhetorik auf diesen Truppenaufbau reagiert und mit wirtschaftlichen Sanktionen gedroht. Am vergangenen Wochenende wurde zudem beim Außenministertreffen der G7-Staaten Russland vor einem Angriff auf die Ukraine massiv gewarnt und Konsequenzen angedroht.
Sanktionsdrohungen wurden seit der Annexion der Krim im Jahr 2014 immer wieder ausgesprochen, beziehungsweise wurden auch milde Sanktionen umgesetzt. Dieses Mal wurden die ins Auge gefassten Maßnahmen allerdings in einem virtuellen Direktgespräch von US-Präsident Biden direkt dem russischen Präsidenten Putin überbracht.
Was wären möglichen Sanktionen?
Eine wahrscheinliche Sanktion könnte sein, dass US- und europäische Investoren in keine russischen Lokalwährungsanleihen investieren dürften. Ich gehe davon aus, dass diese Sanktion von dem russischen Finanzsystem bewältigbar wäre.
Problematischer wäre es, wenn russische Banken von dem globalen Kommunikations- und Transaktionssystem SWIFT ausgesperrt würden. Das würde den Zahlungsverkehr von Russland mit dem Rest der Welt de facto zum Erliegen bringen. Sie würde die russische Börse und die russische Volkswirtschaft massiv treffen. Auch die Nichtinbetriebnahme der Gaspipeline Nordstream 2 wird als mögliche Vergeltungsmaßnahme ventiliert. Ob es dazu wirklich kommen wird, ist derzeit völlig offen.
Kursentwicklung RUBEL/USDOLLAR (- 5 Jahre)
Wie nehmen die Börsen die zunehmenden Spannungen auf?
Die Märkte haben bisher relativ ruhig reagiert. So verlor der Rubel gegenüber dem USD seit Ende Oktober etwas mehr als 3%. Letzte Entwicklungen gehen in die Richtung, dass man mit Verhandlungen versuchen wird eine Deeskalation zu erreichen. Dies bedeutet, dass das Eventrisiko kurzfristig als eher gering einzustufen ist und die Investoren natürlich die Verhandlungen sehr genau beobachten werden.
Wie schätzt Du die Lage ein?
Es ist derzeit sehr schwer einschätzbar wie weit Russland wirklich gehen wird. Am Ende des Tages glaube ich aber, dass Russland im Falle eines Angriffs mehr verlieren als gewinnen würde und es daher zu keiner weiteren Eskalation kommen wird.
Info ERSTE BOND DANUBIA:
Der ERSTE BOND DANUBIA investiert überwiegend in Staatsanleihen der Region Ost-, Südosteuropa, den ehemaligen Sowjetstaaten und der Türkei.
Wichtige rechtliche Hinweise:
Prognosen sind kein verlässlicher Indikator für künftige Wertentwicklungen.