Interview mit Alexandre Dimitrov, seit mehr als 20 Jahre Senior Fondsmanager mit Spezialisierung Aktienmärkte Russland und Zentral- und Osteuropa
Welche Auswirkungen haben die Sanktionen, die gegenüber Russland ausgesprochen wurden, für unsere Fonds?
In Summe machen Aktien und Anleihen aus Russland und der Ukraine in der Erste Asset Management mit weniger als 0,2% der gesamten Vermögenswerte kaum etwas aus. Leider sind aber unsere Anteilsinhaber:innen, die in unsere länderspezifischen oder regionalen Fonds in Russland investieren, von den Sanktionen betroffen.
Die Börse in Moskau ist seit vergangenem Freitag, 25.2. geschlossen. Es findet somit kein Handel lokal in Moskau statt. Gleichzeitig wurde die Übertragung von Vermögenswerten seitens der russischen Regierung untersagt.
Wertpapiertransaktionen und Transfer von Geldern aufgrund des eingeschränkten Handels von russischen Rubel (Währungsgeschäfte) und dem Ausschluss von wichtigen russischen Banken ist derzeit de facto nicht möglich. Schon vorige Woche, während der Markt noch geöffnet war, konnten Verkaufsorders nicht ausgeführt werden.
Unmittelbar und am stärksten betroffen sind ERSTE STOCK RUSSIA und der ERSTE STOCK EUROPE EMERGING. Deshalb wurde bei den beiden die Preisberechnung und das Anteilsscheingeschäft ausgesetzt. (Link zur Meldung). Das gilt mittlerweile auch für den ERSTE BOND DANUBIA, der unter anderem auch in russische Anleihen veranlagt (Link zur Meldung). [Außerdem zählt der Global Flexible Strategy Fund ebenfalls zu dieser Liste].
Wie beurteilst Du die Situation derzeit?
Bedeutende Aktienindexanbieter wie MSCI Inc. und FTSE Russell „entfernen“ russische Aktien von ihren Indizes, die besonders für institutionelle Anleger:innen wichtig sind, unter anderem ETF-Anbieter. Des Weiteren wurde die Bonität Russlands von Moody’s und Fitch auf „Junk“ zurückgestuft. Sollten russische Anleihen auch aus Anleihenindizes rausfallen, hätte das weitere massive Folgen.
Auch wenn die Bedeutung von russischen Aktien und Anleihen global betrachtet kaum Gewicht haben, der Einfluss auf die globalen Kapitalmärkte ist deutlich. Mit der Verschärfung des russischen Angriffs auf die Ukraine steigt auch die Nervosität der Börsenteilnehmer. Besonders die Sorge, dass höhere Rohstoffpreise das Wirtschaftswachstum beeinträchtigen könnte, ist gestiegen.
„Auch wenn die Bedeutung von russischen Aktien und Anleihen global betrachtet kaum Gewicht haben, der Einfluss auf die globalen Kapitalmärkte ist deutlich. Mit der Verschärfung des russischen Angriffs auf die Ukraine steigt auch die Nervosität der Börsenteilnehmer.“
Alexandre Dimitrow, Erste Asset Management
© Bild: Erste AM
Zum Beispiel stiegen die Preise für Rohöl der Sorte Brent auf über USD 110 pro Barrel an, da laut Berichten manche Abnehmer nicht bereit waren, russisches Öl zu kaufen. Diese befürchten, dass energiepolitische Sanktionen verhängt werden könnten, noch bevor das Öl an die Käufer geliefert wird. Der Anstieg der Ölpreise erfolgte, obwohl die Mitgliedsländer der Internationalen Energieagentur (IEA) 60 Millionen Barrel Öl aus ihren strategischen Reserven freigegeben haben.
Der US-Leitindex S&P 500 zeigt sich volatil, die europäischen Börsen leiden unter der Situation besonders. Staatsanleihen waren als sicherer Hafen stark nachgefragt. Die Renditen zehnjähriger deutscher Bundesanleihen sanken und fielen damit wieder in den negativen Bereich.
Bewegung gab es auch auf diplomatischer Ebene, da sich China bereit erklärte, bei der Vermittlung eines Waffenstillstands zu unterstützen. In einer Erklärung im Anschluss an ein Telefongespräch zwischen dem chinesischen und dem ukrainischen Außenminister meinte die chinesische Regierung, sie sei äußerst besorgt über das Leid in der ukrainischen Zivilbevölkerung.
Wann wird der Handel in Moskau wieder aufgenommen?
Kurzfristig sehe ich keine Möglichkeiten. Auf der einen Seite wurden russische Banken, inklusive der Zentralbank in Moskau, mit harten Sanktionen belegt. In Russland wurden Kapitalverkehrskontrollen eingeführt.
Das bedeutet, dass Wertpapier-Transaktionen und Devisentransfers nicht getätigt werden dürfen. Wir sind im ständigen Kontakt mit unseren Brokern, Depotbank und Aufsichtsbehörden, um nach möglichen Alternativen zu suchen. Wann und ob wieder gehandelt wird, kann derzeit aber niemand seriös einschätzen.
Wir müssen jetzt warten, wie sich der Krieg entwickelt, ob weitere Sanktionen eingeführt werden, und welche Maßnahmen Russland selbst noch beschließen wird. Wir sind alle sehr betroffen und werden, sobald es Neuigkeiten gibt, diese Information an unsere Anteilsinhaber:innen kommunizieren.
Mehr Informationen zu den genannten Fonds:
ERSTE STOCK RUSSIA Retailtranche: EUR R01 – Factsheet (erste-am.at)
ERSTE STOCK EUROPE EMERGING Retailtranche: EUR R01 – Factsheet (erste-am.at)
ERSTE BOND DANUBIA Retailtranche: EUR R01 – Factsheet (erste-am.at)
Wichtige rechtliche Hinweise:
Prognosen sind kein verlässlicher Indikator für künftige Wertentwicklungen.