Gastkommentar von Experte und Unternehmensberater Reinhard Friesenbichler
Kaum jemand kann sich der Faszination des Elements mit der Ordnungszahl 79 im Periodensystem entziehen. Sei es der wundervolle Glanz oder der schwindelerregende Wert.
Aber jetzt ´mal ganz rational: Was leisten Goldinvestments aus wirtschaftlicher Sicht wirklich? Und welche soziale und ökologische Performance hat das Edelmetall?
Wie ertragreich war Gold auf lange Sicht?
Aufgrund der lange üblichen Golddeckung von Währungen – insbesondere des US-Dollar -, war der Goldpreis lange Zeit entsprechend wenig volatil. In den ersten 30 Jahren des 20. Jahrhunderts lag der Preis stets rund um 20 Dollar pro Unze.
Im Bretton-Woods-System ab 1944 (Dollar als goldunterlegte Welt-Leitwährung und fixe Wechselkurse zu den anderen Währungen) war eine Unze Gold gleichgesetzt mit 35 Dollar. Entsprechend war der Goldpreischart mehr oder weniger flach – bis 1973.
Dann zwang die unterschiedliche Entwicklung der einzelnen Volkswirtschaften dazu, die Wechselkursfixierung aufzugeben. Folgen waren ein schwacher Dollar und ein Anstieg des Goldpreises auf über 100 Dollar noch im selben Jahr. Einen vorläufigen Höchststand markierte das Jahr 1980. Nicht zuletzt politische Krisen (Iran, Afghanistan) trieben den Kurs auf rund 850 Dollar.
In den nächsten zwei Jahrzehnten gab der Preis jedoch wieder bis auf das Ausgangsniveau des Jahres 1979 nach. Eine neue Aufwärtsdynamik entsteht erst wieder mit Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise. Am 6. September 2011 markierte Gold sein Allzeithoch mit 1.920,49 Dollar je Unze an der New Yorker NYMEX. Danach korrigierte der Preis wieder nach unten auf aktuell (Dezember 2019) knapp 1.500 Dollar.
Wie erfolgreich wäre vor diesem Hintergrund ein langfristiges Goldinvestment gewesen? Während der letzten 10 Jahre (Dezember 2009 bis Dezember 2019) konnte man damit eine jährliche Durchschnittsrendite von 2,7% (in US-Dollar) erzielen. Auf Sicht von 50 Jahren lag der Dollar-Ertrag bei 7,8% pa. Und Urgroßvaters Goldstück aus dem Jahr 1919 brachte es bis heute auf eine jährliche Verzinsung von nur 4,4%. Im Vergleich erwirtschaftete ein Aktieninvestment in den US-Index S&P500 knapp 11% pa.
In den letzten 10 Jahren und jährlich 6% auf Sicht von 100 Jahren. Es gab auch Perioden, in denen Gold der Aktie überlegen war und vor starken Wertverlusten bewahrte. Dies gilt besonders für Krisenzeiten und Hyperinflation. Gold als Sachwert (was übrigens auch für Aktien gilt) stellt einen Inflationsschutz dar.
Was bewegt den Preis des Goldes?
Unmittelbar bestimmt sich der Preis eines jeden Gutes aus dem Wechselspiel von Angebot und Nachfrage. Dahinter stehen fundamentale Kräfte, überlagert durch ein psychologisches Grundrauschen.
Und im Fall von Gold kommt noch ein starkes politisches Element dazu, wie historisch immer wieder bestehende Kauf- und Verkaufsrestriktionen (insbesondere für Privatpersonen), Preissteuerung durch Zentralbanken, etc. Im Falle von Gold scheinen die fundamentalen Werttreiber sogar eine nur untergeordnete Rolle zu spielen. Dies ist wenig verwunderlich, zumal Gold nur einen untergeordneten Nutzwert besitzt.
Was sind die ökologischen Folgen der Goldproduktion?
Im Laufe der Menschheitsgeschichte wurden schätzungsweise 190.000 Tonnen Gold geschürft, und jährlich kommen rund 3.000 Tonnen dazu. Wichtige großtechnische Gewinnungsmethoden sind das Amalgamverfahren unter Einsatz von Quecksilber und die Cyanidlaugung. Beide Verfahren sind ökologisch höchst problematisch und vergiften Böden, Gewässer und Lebewesen, und dies häufig in besonders sensiblen Naturräumen.
Die erforderliche Materialbewegung ist enorm und nimmt wegen des rückläufigen Goldgehaltes in neu erschlossenen Lagerstätten mit jeder weiteren Mine tendenziell zu. Der Goldgehalt liegt mitunter bei nur 1 Gramm pro Tonne Gestein. D.h. zur Gewinnung des Materials für einen durchschnittlichen Ehering werden 10 bis 20 Tonnen (!) Gestein bewegt.
Goldgewinnung ist energieintensiv und entsprechend klimaschädlich und viele Umweltschäden treten erst lange nach Schließung der Minen auf (z.B. Acid Mine Drainage). Die Verantwortung hierfür ist häufig ungeklärt.
Zugutehalten muss man dem edlen Metall jedoch die hohe Recyclingquote, die wohl nahe bei 100% liegt. Übrigens: Der Goldbedarf für Technik und Medizin können problemlos durch Recycling (ca. 30% des globalen Angebots) gedeckt werden und die Gewinnung von Primärgold wäre dafür gar nicht erforderlich.
Was sind die gesellschaftlichen Wirkungen von Gold?
Mit der zunehmenden Ausbeutung der Lagerstätten in der ersten Welt gewann der Abbau in Lateinamerika, Afrika, Asien und den ehemaligen Sowjetstaaten an Bedeutung. Aus der 1886 entdeckten weltweit größten Lagerstätte – dem Witwatersrand-Goldfeld in Südafrika – wurden bisher mehr als 40.000 Tonnen Gold gewonnen.
Gegenwärtig wichtigste Gold-produzierende Länder sind China, Russland, Australien, die USA, Kanada, Indonesien, Peru, Südafrika, Mexiko und Ghana. Angesichts der politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen in vielen dieser Länder fällt auch die soziale Bilanz der Goldgewinnung nicht positiv aus: Verletzung von Arbeitnehmer- und Menschenrechten, Konflikte mit indigenen Völkern, Korruption, Gesundheitsrisiken und zahlreiche Todesfälle in den Minen.
Ganze Landstriche in Entwicklungs- und Schwellenländern zahlen einen hohen ökologischen und sozialen Preis. Hingegen kommt der Großteil der ökonomischen Wertschöpfung internationalen Bergbaukonzernen zu Gute: Barrick Gold, Goldcorp und Kinross Gold aus Kanada, Newmont Mining aus den USA und AngloGold Ashanti aus Südafrika zählen zu den führenden börsenotierten Goldschürfern.
Neben den negativen Auswirkungen von Abbau und Verhüttung – die auch bei anderen Metallen mehr oder weniger gegeben sind – schlägt bei Gold noch der überwiegende Charakter als Luxusgut zu Buche.
Rund die Hälfte des Goldes besteht in Form von Schmuck und Goldwaren, ein geschätztes Drittel ist im Besitz von Investoren und etwa ein Zehntel wird von Zentralbanken gehalten. Nur ein bescheidener Rest findet praktische Anwendung in Elektronik und Medizin und repräsentiert damit einen Nutzwert. Andere Metalle, wie z.B. Silber oder Zink, werden rationaler betrachtet und technisch zweckorientiert eingesetzt und spielen in einem Zukunftsszenario mit Erneuerbarer Energie und E-Mobilität eine wichtige Rolle.
Kann Gold ein nachhaltiges Investment sein?
Die Nachhaltigkeits-Researchagentur rfu hat sich 2012 im Auftrag eines institutionellen Investors auf die Suche nach den „nachhaltigsten“ Goldminenaktien begeben. Basisuniversum waren rund 200 Unternehmen, Output aber gerade einmal eine Handvoll vertretbarer Titel.
Diese zeichnen sich u.a. dadurch aus, dass sie Cyanid-frei arbeiten und nur in sozial risikoarmen Regionen wie Kanada oder Skandinavien tätig sind. 2018 hat die rfu ein Nachhaltigkeits-Ratingverfahren für Rohstoffe entwickelt.
Von den insgesamt neun analysierten Industrie- und Edelmetallen erzielt Gold die schlechteste Umwelt- und Sozialperformance. Auf der Ratingskala von A+ bis C- positioniert sich das Edelmetall mit einem C+ tief im negativen Bereich. Eine echt nachhaltige Anlage in Gold ist somit praktisch nicht möglich.
Wer für den Heiratsantrag oder als Weihnachtspräsent aber nicht ganz auf Gold verzichten will, kann als Konsument auf Fairtrade Gold setzen. Dieses stammt aus Minen, die hinsichtlich Umwelt- und Arbeitsstandards zertifiziert sind und zusätzlich zum Marktpreis eine Prämie von 2.000 Dollar pro Kilogramm Gold zur Realisierung lokaler Projekte erhalten.
Wichtige rechtliche Hinweise:
Prognosen sind kein zuverlässiger Indikator für künftige Entwicklungen.