Die Kursrückgänge an den Aktienmärkten und bei anderen risikobehafteten Wertpapierklassen verunsichern die Investoren. Die zusätzlichen, expansiven Signale der Zentralbanken, stellen eine – wenn auch nur geringe – Hilfe dar. Aus volkswirtschaftlicher Sicht gibt es keine überzeugenden Hinweise für eine nachhaltige Trendumkehr. Die aktuelle Korrektur ist auf ein permanent niedrigeres Wachstum sowie auf Risiken für eine weitere Verschlechterung zurückzuführen.
Tatsächlich mehren sich die Hinweise für ein anhaltend niedrigeres Wachstum. Das betrifft das reale Wirtschaftswachstum als auch die Inflation und damit das nominelle Wirtschaftswachstum. Die Erwartungen/Schätzungen für das globale Wirtschaftswachstum werden nur schrittweise an diese niedrigeren Niveaus angepasst. Tatsächlich hat sich der Trend für die Revision der Wachstumsschätzungen nach unten fortgesetzt.
Die nach unten gerichteten Risiken haben zugenommen
Das kann auf den Anpassungsprozess nach den Boom-Jahren in den Schwellenländern und die angestiegenen Rezessionsrisiken in den USA zurückgeführt werden. Die Umstellung des Wachstumsfokus in China in Richtung servicegetriebenes Wachstum hat zu einem Verfall der Rohstoffpreise mit globalen Auswirkungen geführt. Rohstoffproduzierende Länder und Sektoren befinden sich in einer Rezession. Zudem schwächt sich das Kreditwachstum in den Schwellenländern zusehends ab. Dieses Umfeld drückt auf das Wirtschaftswachstum, die Industrieproduktion, die Exporte und die Güterpreise auf globaler Ebene.
In den USA ist das Wirtschaftswachstum deutlich gefallen. Zudem haben sich die Bilanzkennzahlen der Unternehmen, insbesondere die Verschuldung betreffend, verschlechtert. Gleichzeitig haben die Banken die Kreditvergaberichtlinien für die Unternehmen verschärft. Sowohl die Industrieproduktion als auch die Neuaufträge für langlebige Kapitalgüter fallen bereits. Zuletzt sind auch aus dem Servicesektor Abschwächungssignale veröffentlicht worden. Immerhin: Die beiden noch gut laufenden „Zylinder“ des Konjunkturmotors sind der private Hausbau und die privaten Konsumausgaben.
Dieses Umfeld erklärt den Anstieg der Prämien für das Kredit- und für das Aktienrisiko. Damit ist der Stress im Finanzsystem gestiegen – das gilt auch bei den europäischen Banken. Die Gefahr einer negativen Rückkopplung auf den Bankensektor und die „Realwirtschaft“ hat zugenommen. Dementsprechend fallen die in den Anleiherenditen eingepreisten Inflationsraten auf immer tiefere Niveaus. Die Deflationsrisiken sind erhöht.
Weitere Zinserhöhungen in den USA unwahrscheinlich
Die „großen“ Zentralbanken tragen diesen Entwicklungen Rechnung. Nunmehr vollzieht auch die japanische Zentralbank eine Negativzinspolitik. Die Europäische Zentralbank hat deutliche Hinweise für weitere Lockerungsmaßnahmen im März gegeben. Auch die US-amerikanische Zentralbank beobachtet diese Entwicklungen genau und zeigt in der Zwischenzeit wenig Bereitschaft den Leitzinssatz weiter anzuheben. Eine Fed-Leitzinsanhebung in diesem Jahr ist unwahrscheinlich. Die nur noch stagnierende Geldbasis in den USA ist für die Weltwirtschaft bereits restriktiv genug.
Betrachtet man die Situation positiv: Märkte tendieren dazu, Rezessionen öfter einzupreisen als sie tatsächlich stattfinden. Bereits eine länger andauernde Stabilisierung der chinesischen Währung, des Ölpreises, der Inflationserwartungen und der Kreditvergaberichtlinien, sowie weitere wirtschaftsunterstützende Maßnahmen vor allem in China können zu einer zeitweiligen Erholung der Aktien- und Kreditmärkte führen.
In negativer Hinsicht würde die Conclusio so lauten: Ökonomen prognostizieren sehr selten eine Rezession. D. h. eine Rezession würde viele Ökonomen auf dem falschen Fuß erwischen.