Die Kursrückgänge auf den Aktienmärkten zu Jahresbeginn weisen auf eine gefallen Zuversicht der Investoren hin.
Ist das gerechtfertigt? Anbei einige Thesen für 2016:
Das weltweite Wirtschaftswachstum bleibt niedrig. Die Große Rezession in den Jahren 2007 / 2008 hat die Produktionskapazität und das Wachstumspotenzial verringert. Zudem hat die Effizienz der Geldpolitiken abgenommen. Darüber hinaus dämpfen der Anpassungsprozess in den Schwellenländern und die hohe Verschuldung das Wachstum. Weiteres beschränken die nachteilige demografischen Entwicklung, die gedämpfte Investitionstätigkeit und das niedrige Produktivitätswachstum die Aussicht auf ein höheres Wachstum. Immerhin: Die USA und die Eurozone erweisen sich bis dato als widerstandsfähig. Die Vorlaufindikatoren deuten jedoch auf eine Abschwächung in Richtung Potenzialwachstums hin.
In den Schwellenländern hält der Anpassungsprozess nach der Boomphase das Wirtschaftswachstum unter dem gefallenen Potenzial. Das Finanzumfeld bleibt restriktiv und die Kreditwürdigkeit der Länder sinkt. Der holprige Transformationsprozess in China findet eine Fortsetzung. Das bedeutet ein niedrigeres Wachstum, unterstützt vom privaten Konsum und dem Servicesektor. Eine Ausweitung des Budgetdefizits in China verhindert eine harte Landung. Das ist positiv für die Weltwirtschaft.
Die Inflation bleibt niedrig bzw. unter den jeweiligen Zentralbankzielen auch wenn die Inflationsraten aufgrund eines Basiseffektes etwas ansteigen. Die Risiken für ein Abgleiten in eine Deflation bleiben erhöht. Eine lediglich holprige Landung in China könne die Deflationsbefürchtungen reduzieren.
Die Zentralbankpolitiken bleiben expansiv. Deren wichtigstes Ziel ist es, die zu niedrige Inflation anzuheben. Die US-amerikanische Zentralbank hebt in einer vorsichtigen Weise den Leitzinssatz an. Die Zentralbanken in der Eurozone und in Japan setzten zusätzliche expansive Schritte.
Die Renditen von Staatsanleihen mit einer hohen Kreditwürdigkeit bleiben auf einem niedrigen Niveau bzw. und unter dem ohnehin gefallenen „natürlichen“ Zinssatz. Die niedrige Investitionstätigkeit und das schwache Wachstum in den Schwellenländern implizieren einen „Sparüberschuss“. Diese Wertpapierklasse stellt eine „Absicherung“ gegenüber den Deflationsrisiken dar.
Die Anleihen mit Kreditrisiko und die Währungen der Schwellenländer bleiben vorerst verletzlich. Die Konkursraten in den USA steigen an und die Schwellenländer bleiben unter Druck. Der um die erwarteten Konkursraten bereinigte Renditeaufschlag ist allerdings positiv und nimmt zu, während die Währungen der Schwellenländer nicht mehr teuer sind. Die Attraktivität dieser Wertpapierklassen nimmt im Jahresverlauf zu. Risikobehaftete Anleihen in der Eurozone sind attraktiver als in den USA. Die Politik der Europäischen Zentralbank ist unterstützend und die wirtschaftliche Erholung in der Eurozone befindet sich erst im Anfangsstadium.
Die Aktien versprechen nur niedrige positive Erträge. Gleichzeitig haben die Abwärtsrisiken zugenommen. Die Gewinne der Unternehmen befinden sich in einer Rezession. Ausnahmen bilden Informationstechnologie, Gesundheit und Konsum. Auf einer regionalen Basis sind Aktien in der Eurozone und Japan am attraktivsten.
Die Rohstoffe bleiben in einem Bärenmarkt, denn die Überkapazitäten werden nur langsam abgebaut. Gold bietet keinen natürlichen „Hedge“ gegenüber der angestiegenen Unsicherheit.
Der US-Dollar neigt handelsgewichtet in Richtung Festigung, insbesondere gegenüber den Währungen der Schwellenländer, inklusive Renminbi. Auch gegenüber dem Euro festigt sich der US-Dollar noch etwas, zumindest so lange die US-amerikanische Zentralbank einen Zinsanhebungszyklus signalisiert. Der Japanische Yen ist auf lange Sicht betrachtet deutlich unterbewertet.
Die geopolitischen Spannungen und die Politik gewinnen an Relevanz für die Weltwirtschaft und die Märkte. So könnte eine Eskalation im Mittleren Osten zu einem deutlich höheren Ölpreis führen. Die Flüchtlingsströme unterstützen den Aufschwung der Anti-Establishment Parteien. Ebenso finden mit dem US-Präsidentschaftswahlen – Hillary Clinton ist die Favoritin – und dem Referendum des Vereinigten Königreiches über dem Verbleib in der EU – ein Kopf-and-Kopf Rennen zeichnet sich ab – zwei wichtige Wahlen statt.
Die Instabilität auf den Finanzmärkten ist erhöht. Dafür sind die gesunkene Liquidität auf den Märkten, die extrem expansiven Zentralbankpolitiken und die Abwärtsrisiken für die Weltwirtschaft verantwortlich. Als Beispiel kann die negative Überwälzung der Aktienbrüche in China zu Jahresbeginn auf die weltweiten Aktienmärkte herangezogen werden. Positiv betrachtet: Werden Übertreibungsphasen erkannt, bieten sich gute Investitionsmöglichkeiten.
Überraschende Entwicklungen zu entwerfen ist herausfordernd, weil es sich hierbei um „unknown unknowns“ handelt. Anbei ein Versuch: Der Inflationsdruck könnte zunehmen, obwohl das Wirtschaftswachstum niedrig bleibt. Das würde die Zentralbanken unter Druck bringen, die Leitzinsen anzuheben. In diesem Umfeld würden die Anleihen Kursverluste aufweisen. Der US-Dollar könnte sich abschwächen, weil die US-amerikanische Zentralbank den Zinsanhebungszyklus vorzeitig stoppt. Das Vereinigte Königreich könnte für einen BREXIT votieren und Donald Trump könnte Präsident werden. Die größte Überraschung wäre eine Beschleunigung des globalen Wirtschaftswachstums.