Mit frischem Schwung haben sich die Staatschefs der G7-Gruppe führender Industrienationen zuletzt bei ihrem Gipfel auf Klimaziele, Impfprogramme für arme Länder und eine gemeinsame Front gegen China verständigt. Für die G7 war der Gipfel im britischen Urlaubsort Carbis Bay eine Art Neustart nach dem Machtwechsel im Weißen Haus.
Während der Amtszeit von US-Präsident Donald Trump hatte dessen Abschottungspolitik unter dem Slogan „America First“ die Gruppe fast an den Rand der Spaltung gebracht. Der amtierende US-Präsident Joe Biden setzt nun wieder verstärkt auf multilaterale Kooperationen und gute Beziehungen zu befreundeten Ländern. So sprach die deutsche Kanzlerin Angela Merkel von einem gelungenen G7-Neustart. Zwar sei es nicht so, dass die Welt nun keine Probleme mehr habe, sagte Merkel: „Aber wir können mit neuem Elan an der Lösung dieser Probleme arbeiten.“
Ein zentraler Beschluss des Gipfels war die Zusage, ärmere Länder im Kampf gegen die Corona-Pandemie stärker mit Impfstoff zu unterstützen als bisher. Laut Abschluss-Kommuniqué gibt es Zusagen über 870 Mio. Impfdosen, die zur Hälfte bis Jahresende an bedürftige Länder ausgeliefert werden sollen. Einige Organisationen kritisierten die Zusagen als unzureichend. So schätzt die Weltgesundheitsorganisation WHO den Bedarf armer Länder auf 11 Mrd. Dosen.
G7 peilen Klimaneutralität bis 2050 an
Eine wichtige Rolle spielte auch die Klimapolitik der Industrienationen. Unter Donald Trump waren die USA zwischenzeitlich aus dem Pariser Klimaschutzabkommen ausgestiegen. Biden hat diesen Ausstieg mittlerweile wieder rückgängig gemacht und damit ein gemeinsames Vorgehen ermöglicht. Konkret haben sich die G7 bei ihrem Gipfel auf eine Verringerung des Ausstoßes von Kohlendioxid bis 2030 um etwa die Hälfte gegenüber 2010 geeinigt. Vollständige Klimaneutralität soll spätestens 2050 erreicht werden. Das bedeutet, dass dann kein Kohlendioxid ausgestoßen wird oder CO2-Emissionen vollständig kompensiert werden.
Zudem soll ein umfangreiches Hilfsprogramm Entwicklungsländern bei Investitionen gegen den Klimawandel unterstützen. Die „Build Back Better World“ („B3W“) genannte Initiative soll hunderte von Milliarden Dollar an Infrastrukturinvestitionen für Länder mit niedrigem Einkommen bereitstellen, so die G7. Allein Deutschland will seinen jährlichen Beitrag bei den Infrastrukturhilfen bis spätestens 2025 von vier auf sechs Milliarden Euro erhöhen.
Mindeststeuersatz für fairen Wettbewerb
Thematisiert wurde auch eine in allen Ländern idente Mindestbesteuerung für Unternehmen um Steuerschlupflöcher künftig zu schließen. Geeinigt haben sich die G7 auf einen Mindeststeuersatz von 15 Prozent, dieser Vorschlag soll nun im Juli der größeren Runde der G20-Länder präsentiert werden. Während zur Gruppe der G7 die USA, Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Italien, Japan und Kanada zählen, kommen im G20-Kreis auch weitere führende Volkswirtschaften wie China, Südkorea, Argentinien, Australien, Brasilien, Indien, Indonesien, Mexiko, Russland, Saudi-Arabien, Südafrika und Türkei hinzu.
Die Zusammenarbeit werde gerechtere Wettbewerbsbedingungen schaffen, mehr Steuereinnahmen erzeugen und gegen Steuervermeidung vorgehen, heißt es in der Erklärung der G7. Die Konjunkturprogramme im Kampf gegen die Krise haben die Staatshaushalte einiger Länder erheblich belastet, dies dürfte ein Mitgrund für den Wunsch nach einer fairen Verteilung der Steuereinnahmen sein.
G7 reagieren auf rasanten Machtgewinn Chinas
Ein beherrschendes Thema des Gipfels war schließlich auch eine gemeinsame Positionierung gegenüber China. Denn nicht nur der Kurswechsel von Joe Biden, auch der rasante Aufstieg Chinas dürfte derzeit zu einem engeren Zusammenrücken der G7 beitragen. So wollen die G7 etwa der „neuen Seidenstraße“ Chinas und dem erstarkten Einfluss des Landes auf der Welt eine eigene Infrastrukturinitiative entgegensetzen. Davor hatte bereits der US-Senat Technologie-Investitionen in Höhe von 250 Mrd. Dollar beschlossen um Chinas globalen Einfluss etwas entgegenzusetzen.
Auch die von Joe Biden angeregte Investitionsoffensive der G7 in arme Länder ist vor diesem Hintergrund zu sehen. Die westlichen Industrienationen wollen nicht länger zusehen, wie China Einfluss gewinnt.
Schließlich haben die G7 in ihrem Kommuniqué China auch ausdrücklich zur Einhaltung von Menschen- und Freiheitsrechten ermahnt. Konkret zeigten sich die G7-Länder aber geteilter Meinung über ihre China-Politik. Während die USA einen möglichst harten Kurs fordern, will Deutschlands Kanzlerin Merkel eine Konfrontation möglichst vermeiden. Für viele deutsche Konzerne, etwa aus der Automobil- oder Maschinenbaubranche, ist China ein hochbedeutender Absatzmarkt.
Auch die NATO hatte ihren kritischen Ton gegenüber China bei ihrem jüngsten Gipfel verschärft. Chinas Zielsetzungen und sein selbstbewusstes Auftreten stellen die regelbasierte internationale Ordnung und für die Sicherheit des Bündnisses relevante Bereiche vor „systemische Herausforderungen“, hieß es in der NATO-Abschlusserklärung.
Wichtige rechtliche Hinweise:
Prognosen sind kein verlässlicher Indikator für künftige Wertentwicklungen.