Pause bei Zinserhöhungen?

Pause bei Zinserhöhungen?
Pause bei Zinserhöhungen?
Boris Roessler / dpa / picturedesk.com
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An den Finanzmärkten dreht sich diese Woche alles um die Zinsen. Vergangene Woche hat die Zentralbank in Polen den Leitzinssatz überraschend kräftig gesenkt. Vor kurzem wurde noch ein unveränderter Leitzinssatz signalisiert. Im Unterschied dazu ist die Strategie zahlreicher anderer Zentralbanken weitaus umsichtiger.

Eine Taube

Die Zentralbank in Polen (NBP) hat in der vergangenen Woche die Märkte mit einer starken Leitzinssenkung überrascht. Der Zinssatz wurde um 0,75 Prozentpunkte auf 6% gesenkt. Die Schätzungen der Analysten lauteten entweder auf einen unveränderten Zinssatz oder einer Senkung um 0,25 Prozentpunkte. Vor kurzem wollte die Zentralbank erst dann an eine Zinssenkung denken, wenn die Konsumentenpreisinflation in den einstelligen Bereich fallen würde. Im August lag die Inflation bei „nur“ noch 10,1% im Jahresabstand. Die Anleitung der Markterwartungen (Forward Guidance) beinhaltete, dass die Leitzinsen wahrscheinlich in kleinen Schritten abgesenkt würden. Die Zentralbank begründete den großen Schritt damit, dass die erste Zinssenkung bereits vor drei Monaten stattfinden hätte sollen. Als volkswirtschaftliches Argument wurde angeführt, dass die schwächer als erwartete Nachfrage auch zu einem schnelleren Inflationsrückgang führen würde. Tatsächlich ist das Bruttoinlandsprodukt im 2. Quartal um 3,7% im Quartalsabstand und 0,5% im Jahresabstand geschrumpft. Auch die bevorstehenden Parlamentswahlen im Oktober könnten in die Überlegungen eingeflossen sein.

Mehrere Falken

Im Unterschied dazu hat die Zentralbank in Australien den Leitzinssatz wie erwartet bei 4,1% belassen. Gleichzeitig wurde der inflationskämpferische Ton beibehalten. Kernsatz: „Eine weitere Straffung der Geldpolitik könnte erforderlich sein“. Auch die Bank of Canada hat den Leitzinssatz wie erwartet unverändert belassen (bei 5%).  Begründung: Der beste Weg, den Risiken von zu viel und zu wenigen Leitzinsanhebungen zu begegnen, sei ein unveränderter Zinssatz. Die Beschreibung der Inflation klingt jedoch nach wie vor besorgt: „Je länger die hohe Inflation anhält, desto größer ist das Risiko, dass sich die hohe Inflation verfestigt“.

Stagflation in der Eurozone

Die Eurozone ist in einer schwierigen Situation. Während die Inflation nur langsam fällt, stagniert die Wirtschaft. Im August betrugt die Konsumentenpreisinflation ohne Nahrungsmittel und Energie – die traditionelle Kernrate – immer noch 5,3% im Jahresabstand. Das Bruttoinlandsprodukt ist im zweiten Quartal nur sehr leicht gewachsen (0,1% im Quartals- und 0,5% im jahresabstand). Das Kreditvolumen stagniert bereits seit Sommer 2022. Die wichtigen umfragebasierten Indikatoren (Wirtschaftsvertrauen der Europäischen Kommission, Einkaufsmanagerindizes) sind bereits auf so tiefe Niveaus gefallen, dass die modellbasierte Schätzung für das Bruttoinlandsprodukt im dritten Quartal (der Nowcast) eine Schrumpfung vorschlägt.

Legende zur Grafik: Die globale Inflation sollte sich laut einer Prognose des Internationalen Währungsfonds in den nächsten Jahren deutlich abschwächen.

Wichtige rechtliche Hinweise:

Prognosen sind kein verlässlicher Indikator für künftige Wertentwicklungen.

Drei Kriterien der EZB Geldpolitik

Bei der Geldpolitik wendet die EZB drei Kriterien an:

  • Inflationsdynamik: hier sehen wir einen enttäuschend langsamen Rückgang
  • Inflationsprognosen: liegen über dem Ziel von 2%
  • Wirkung der Geldpolitik

 Mit letzterer könnte die Zentralbank eine Pause argumentieren. Präsidentin Lagarde hat unterstrichen, dass die Zentralbank datenabhängig vorgehen werde (wenig Zutrauen in Prognosen). Unsicher ist, wie stark der Einfluss der Zentralbank bei der Abschwächung der Wirtschaft gewesen ist. Das heißt, es besteht eine erhebliche Unsicherheit darüber, wie restriktiv die Geldpolitik tatsächlich ist.

Schwächere Nachfrage

Theoretisch verringert eine Abschwächung der Nachfrage das Risiko einer Lohn-Preis-Spirale. Die Preissetzungsmacht der Unternehmen sinkt. Ein schwächerer Arbeitsmarkt verringert die Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer. Davon unabhängig könnten häufigere angebotsseitige Schocks, verursacht durch Verschlechterungen auf der geopolitischen Ebene, die Inflation auf einem zu hohen Niveau halten, wie Lagarde unlängst meinte.

Keine Zinsanhebung

Für die Sitzung der Europäischen Zentralbank am kommenden Donnerstag erwartet der Durchschnitt der Analysten keine Zinsänderung (Einlagenfazilität: 3,75%, Hauptrefinanzierungszinssatz: 4,25%). Auch die Marktpreise reflektieren einen unveränderten Zinssatz. Die zahlreichen Reden der Ratsmitglieder in den vergangenen Wochen waren uneinheitlich. Ein Leitzinsanhebung in einem stagnierenden wirtschaftlichen Umfeld wäre sicherlich eine Gelegenheit, das Commitment für die Erreichung des Inflationsziels zu unterstreichen.

Im Spannungsfeld zwischen Deflationsdruck in China (Produzentenpreise im August: minus 3,0% im Jahresabstand), Rezessionsrisiken in der Eurozone und starkem Wachstum in den USA (Nowcast der Atlanta Fed: annualisiert 5,6% im dritten Quartal) wird die Europäische Zentralbank wahrscheinlich eine abwartende Haltung wählen und die Leitzinsen nicht anheben.

Der zeitverzögerte Effekt einer geldpolitischen Straffung auf das Wirtschaftswachstum und die Inflation ist sowohl hinsichtlich Dauer und Ausmaß variabel (long and variable lags). Einfacher ausgedrückt: Prognosen funktionieren nicht zufriedenstellend, weshalb die Zentralbank auf die veröffentlichten Wirtschaftsdaten blickt. Nun hat sich das Wachstum abgeschwächt. Obwohl der Effekt auf die Inflation unsicher ist, gibt es einen Spielraum für eine abwartende Haltung mit einem inflationskämpferischen Grundton.

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