Wenn man bei „Wikipedia“ nach dem Begriff „ZIRP“ sucht, dann findet man überraschenderweise nicht „Tierlaut der Grille“ an erster Stelle. Vielmehr lautet der erste Eintrag: „Die englische Bezeichnung einer Nullzinspolitik (Zero Interest Rate Policy)“
Der Eintrag ganz vorne bedeutet offenbar, dass es sich
- um etwas Wichtiges handelt,
- über einen längeren Zeitraum erstreckt
ZIRP ein Instrument der Zentralbanken
Neben der Geldmengenpolitik stellt die Zinspolitik ein wichtiges Instrument der Zentralbanken dar, um ihre Ziele (z.B. Geldwertstabilität) zu erreichen. Anhand der Leitzinssätze ausgewählter etablierter Notenbanken kann man erkennen, dass ZIRP (also die Festlegung der Leitzinsen bei oder nahe Null Prozent) ab der Finanzkrise 2008 mehr oder weniger zum Standard wurde.
ZIRP und die Auswirkung auf Sparerinnen und Sparer
Die Leitzinsen sind dabei nicht isoliert zu betrachten, denn deren Höhe hat unmittelbare Auswirkungen auf den Zinssatz von anderen Finanzinstrumenten. Am einfachsten kann man den Zusammenhang mit den Sätzen am Geldmarkt (z.B. Euribor, also dem Zinssatz zu dem sich Banken gegenseitig Geld leihen bzw. anlegen) erkennen:
Der Zinssatz für Anlagen zwischen Banken (3 Monats Euribor) ist in den letzten Jahren sukzessive gefallen und liegt aktuell unter Null Prozent. Dies hat Auswirkungen auf die Zinssätze auf Sparbüchern.
Die folgende Grafik zeigt die Entwicklung der Zinsen auf dem Sparbuch in Österreich (durchschnittlicher Zinssatz bei Sparbüchern ohne Bindung, private Sparer) (Hinweis: Die Zinsen auf den Sparbüchern werden durch die Entwicklung des Euribor beeinflusst):
Parallel zu den Leitzinsen und den Zinsen am Geldmarkt sind auch die Sparzinsen entsprechend gesunken. ZIRP ist also auch bei der österreichischen Sparerin bzw. dem Sparer angekommen.
Bedeutet Anlegen den Ausweg aus der ZIRP?
Anlagen mit einer längeren Bindung boten in der Vergangenheit auch einen höheren Zinssatz. Eine Alternative (mit hoher Bonität) stellten üblicherweise österreichische Staatsanleihen dar. Doch trifft dies heute noch zu? Die Zinskurve (Renditekurve) gibt einen Überblick über den Zinssatz für Staatsanleihen mit unterschiedlicher Laufzeit.
Wenn man die aktuellen Zinsen (Renditen) für österreichische Staatsanleihen betrachtet, so kann man Verblüffendes feststellen: Auch wenn die Renditen für längere Laufzeit höher sind als für eine kurze Bindung, so liegen die Renditen fast durchgängig unter Null Prozent.
ZIRP ist also auch hier angekommen. Staatsanleihen mit hoher Bonität bieten somit keine Alternative mehr, um einen positiven Zins zu erzielen.
Der erste Schritt aus der ZIRP
Um eine Lösung aus Sicht der Anlegerin bzw. des Anlegers anbieten zu können, ist es notwendig, dass die Realität zunächst akzeptiert werden muss:
- ZIRP wird wahrscheinlich einen längeren Zeitraum andauern
- und betrifft bereits viele Anlagemöglichkeiten mit hoher Bonität
Früher gab es immer wieder Alternativen für die Veranlagung, die auch bei guter Bonität einen entsprechend hohen positiven Ertrag abgeworfen haben (z.B. europäische Staatsanleihen). Dies spiegelt sich bei den Beständen auf den Wertpapier-Depots wider. Und dies nicht nur bei den Investments selbst, sondern auch bei den Vorgaben bzgl. des Risikos für die mögliche Veranlagung, also der Festlegung auf dem sogenannten Kunden-Profil.
Für viele Anlegerinnen und Anleger lautet die Devise „nur kein Risiko eingehen!“. Somit stufen sich viele selbst als „Sicherheitsbetont“ ein. „Sicherheitsbetont“ war bequem – allerdings schränken die Anlegerinnen und Anleger somit selbst ihre Anlagemöglichkeiten auf eher risikoarme Investments ein. Doch was bedeutet Risiko überhaupt? Viele Investorinnen und Investoren sind sich z.B. des Zinsänderungsrisikos bei Anleihen mit längerer Laufzeit (auch bei hoher Bonität) gar nicht bewusst! Vermeintlich „risikoarm“ sind aber genau jene Anlagen, die von der ZIRP unmittelbar betroffen sind!
Das bedeutet: Für Anlegerinnen und Anleger stellt sich die Frage nach einem Umdenkprozess. Ohne ein gewisses Risiko bei den Investments werden sich in Zukunft nur sehr schwer positive Erträge erzielen lassen.
Innerhalb der Erste Bank und den Sparkassen gibt es drei grundlegende Einstufungen bezüglich des Kunden-Profils (ansteigende Risiko-Komponente):
- Sicherheitsbetont
- Dynamisch-Risikobewusst
- Spekulativ
Der Unterschied zwischen den Anleger-Profilen liegt in der Möglichkeit mehr oder weniger risikoreiche Veranlagungen aufzunehmen. Anlegerinnen und Anleger sollten daher überlegen, ob sie nicht ihr eigenes Risikoprofil erhöhen sollten (z.B. von „Sicherheitsbetont“ auf „Dynamisch-Risikobewusst“) – sofern es zum eigenen Typ, zu den Anlagezielen und zum Anlagehorizont passt.
Fazit:
ZIRP ist Realität und die Auswirkungen auf Anlegerinnen und Anleger sind deutlich zu spüren. Man kann sich damit abfinden und für die nächsten Jahre auf Erträge verzichten. Diese „Vogel-Strauß-Politik“ erscheint uns wenig zielführend. Vielmehr sollten Anlegerinnen und Anleger jetzt den ersten Schritt machen, der da lautet: Überdenken Sie Ihre Anlagestrategie und eröffnen Sie sich ein breiteres Anlagespektrum durch die Beimischung von Anlagen mit höherem Risiko. Die ausgebildeten Anlageberaterinnen und Anlageberater in der Erste Bank und den Sparkassen unterstützen Sie dabei gerne.
Grundsätzlich gefällt mir der Artikel sehr gut, wir wissen Bescheid über diese Thematik und trotzdem ist es ganz schwierig, die „Sicherheitsbetonten“ Kunden umzustimmen, ein bisschen mehr Risiko einzugehen.
Jedenfalls macht es Sinn, sich immer und immer wieder aufzuraffen und den einen oder anderen Kunden wirklich eingehend zu beraten und so vielleicht doch auch im Sinne des Kunden mit einem dynamisch-risikobewussten Kundenprofil hoffentlich eine positive Wertentwicklung zu erreichen.
Mich motivieren solche Artikel und ich bedanke mich dafür!