Die US-Zentralbank, kurz Fed, wird mit großer Wahrscheinlichkeit – fast 90% laut Fed Funds Futures – noch heuer den Leitzins anheben. Der erwartete Zinsschritt ist seit fast einem Jahr eines der dominierenden Finanzmarkthemen. Das Platzen einer Mega-Bondbubble, steigender Druck auf fragile Schwellenländer und ein Ende der mehrjährigen US-Aktienrally sind die gängigen Befürchtungen, die in diesem Zusammenhang geäußert werden. Nichts davon ist abwegig, alles war schon einmal da. Dennoch: Ein Blick auf die historische Evidenz legt nahe, dass Panik nicht angebracht ist – zumindest was Aktien betrifft.
Auswirkungen jedesmal unterschiedlich
In den letzten 25 Jahren gab es drei vergleichbare Phasen, in denen die Fed nach einer längeren Periode niedriger Zinssätze ihren Leitzins erhöhte und einen neuen Zinszyklus startete: 1994, 1999 und 2004. Die Auswirkungen waren jedes Mal verschieden, aber keinesfalls durchgängig desaströs. Zwar kamen die Aktienmärkte unmittelbar nach der Zinsanhebung fast immer unter Druck, aber ca. vier Monate nach dem Zinsschritt setzte in der Regel eine Erholung ein. Nach den Zinserhöhungen 1999 und 2004 waren der S&P500, der Euro Stoxx 600 und der MSCI Emerging Market Index bereits nach sechs bis neun Monaten wieder deutlich – bis zu 30% – über ihren Niveaus vor dem Zinsschritt der Fed. Lediglich 1994/95, als der US-Leitzins innerhalb von 12 Monaten um drei Prozentpunkte auf 6% angehoben wurde, verloren europäische und Emerging-Markets-Aktien deutlich und dauerte die anschließende Erholung länger.
Überraschungseffekt sollte gering ausfallen
Es gibt einige Argumente, dass die Aktienmärkte diesmal weniger stark auf die Zinswende reagieren sollten. Erstens gab es wohl kaum eine geldpolitische Maßnahme zuvor, die ähnlich lang und breit öffentlich diskutiert wurde. Der Überraschungseffekt sollte gering sein. Zweitens ist die US-Wirtschaft trotz der Erholung seit letztem Jahr immer noch in einer schwächeren Verfassung als zu Beginn vorheriger Zinszyklen. Inflation ist nach wie vor nicht existent. Es sind daher moderate Zinsanhebungen und ein flacherer Pfad nach oben zu erwarten als die letzten Male. Drittens kommt die US-Zinserhöhung zu einem Zeitpunkt, zu dem die EZB und die japanische Zentralbank aus binnenwirtschaftlichen Gründen bei ihrem Kurs der geldpolitischen Lockerung bleiben werden, und wahrscheinlich tendiert auch die chinesische Zentralbank eher in Richtung geldpolitischer Lockerung. Und viertes, auf die Schwellenländer bezogen, gibt es zwar einige fragile Wirtschaften wie Südafrika oder die Türkei, aber in Summe ist der Block der Emerging Markets besser gerüstet als etwa Mitte der neunziger Jahre.
Erhöhte Volatilität zu erwarten
Für Aktieninvestoren bedeutet der erwartete Zinsschritt der Fed, dass mit erhöhter Volatilität und kurzfristigem Druck zu rechnen ist. Möglicherweise wird es Trading-Opportunitäten geben (die nachträglich natürlich glasklar auf der Hand liegen werden), aber die empirische Evidenz deutet nicht darauf hin, dass die Fed-Zinspolitik längerfristig orientierten Aktieninvestoren zu einem Strategiewechsel zwingen wird.