In den vergangenen Wochen haben viele Zentralbanken ihre Geldpolitik gelockert. Immer mehr Zentralbanken senken den jeweiligen Leitzinssatz. Zudem hat die Europäische Zentralbank ein umfangreiches Anleihen-Ankaufprogramm angekündigt. Was steckt also dahinter? An den Frühindikatoren für die Konjunktur kann es nicht gelegen sein.
Denn sowohl die Frühindikatoren der OECD für die Industrie- und Schwellenländer als auch der globale Einkaufsmanagerindex für den Fertigungssektor sind zuletzt gestiegen.
Die Beweggründe der der Zentralbankaktionen haben andere Gründe:
- Der Verfall der Rohstoffpreise führt in den rohstoffproduzierenden Ländern zu einem kräftigen Rückgang der Exportpreise. Das verringert dort das volkswirtschaftliche Einkommen.
- In vielen Ländern sind die langfristigen Inflationsraten signifikant unter die jeweiligen Zentralbankziele gefallen.
- Einige Zentralbanken versuchen mit den Lockerungen die eigene Währung abzuschwächen. Damit verringern sie den Druck für fallende Inflationsraten im eigenen Land.
Die Furcht vor einer Stagnation der Weltwirtschaft nimmt zu
Die Finanzmärkte spiegeln diese Entwicklung wider. Die fallenden Renditen von Lokalwährungsanleihen in vielen Ländern auf immer niedrigere Niveaus nähren Befürchtungen, dass die Weltwirtschaft in eine anhaltende Stagnation mit zu niedriger Inflation fallen könnte.
Gleichzeitig sind Wertpapierklassen, die sensibel auf schlechte Wirtschaftsdaten und fallende Rohstoffpreise reagieren, unter Druck geraten. In einigen Schwellenländern wie zB Russland und Brasilien sind die Risiken gestiegen.
Der Himmel im Euro-Raum beginnt sich aufzuklaren
Die Zentralbankmaßnahmen zeigen bereits erste Erfolge. Durch die Leitzinssenkungen in vielen Ländern und die Ankündigung von Aufkäufen von Anleihen werden die Investoren in andere – ertragreichere – Segmente als Staatsanleihen „gedrängt“. Durch die Ausweitung der Zentralbank-Geldmenge wird dieser Effekt verstärkt. Das führt dazu, dass die Verzinsung in vielen Wertpapierklassen sinkt, weil die Kurse steigen.
Die realen Renditen sind tatsächlich stärker gefallen als die nominellen Renditen, zB bei inflationsgeschützten Anleihen. Mit minus 0,71 Prozent für eine Laufzeit von 10 Jahren hat sie in Deutschland ein neues Tief erreicht. Das ist genau das, was der „Doktor“ verordnet hat: Fallende, negative Renditen unterstützen die Konjunktur. Allerdings zeigt sich auch ein anderes Phänomen: „Buy rumour, sell fact“. Seit die Europäische Zentralbank das Anleihen-Ankaufprogramm angekündigt hat, hat sich der Euro gegenüber dem US-Dollar etwas gefestigt. Diese Entwicklung wird dadurch unterstützt, dass das Umfeld für die Eurozone tatsächlich positiver geworden ist: gefallener Ölpreis, schwächerer Euro, niedrigere Zinsen, weniger restriktive Politiken der Banken und Staaten, steigende Kreditnachfrage und Verbesserung der Konjunkturindikatoren.
Zuletzt ist auch der Ölpreis wieder gestiegen, was zur Beruhigung der Finanzmärkte beigetragen hat. Die Kreditwürdigkeit mancher ins Gerede gekommenen energieproduzierenden Länder bzw. Unternehmen wird dadurch verbessert. Die Weltwirtschaft in Summe profitiert vom Ölpreisverfall immer noch, weil die Kaufkraft gestärkt wird. Gemeinsamen mit den Lockerungsmaßnahmen der Zentralbanken hat sich auf kurze Sicht das Umfeld für risikobehaftete Wertpapierklassen verbessert.