Die Ankündigung des US-Präsidenten, Donald Trump, Importzölle auf Stahl und Aluminium mit 25% beziehungsweise 10% einzuheben, hat Wellen geschlagen. Kann das günstige volkswirtschaftliche Umfeld mit der aktuellen 1) Boom Phase, 2) niedrigen Inflation und 3) graduellen Reduktion der stark unterstützenden geldpolitischen Haltung, umgestoßen werden?
Maßnahme ist nicht überraschend
Schon während des Wahlkampfes hat sich der Präsident gegen einen freien Welthandel ausgesprochen. Einige Kernaussagen können mit a) Nationalismus („America First“) und b) gegen multilaterale Regeln zusammengefasst werden. Die wichtigsten vorgebrachten Argumente sind:
1) Ein Leistungsbilanzdefizit ist generell schlecht. Das ist volkswirtschaftlich allerdings nicht belegbar. Soll ein Land wirklich alle benötigten Güter und Dienstleistungen selber produzieren? Empirische Belege dafür gibt es keine.
2) Einige Handelspartner gehen unfair vor. Hierbei war vor allem China gemeint. Dieser Punkt hat immerhin etwas Substanz. Über Jahre hat China mit staatlich gestützten überschüssigen Kapazitäten den Weltmarkt mit Gütern geflutet.
3) Internationale Organisationen und multilaterale Verträge sind wenig brauchbar. Das betrifft auch die Welthandelsorganisation WTO. Tatsächlich konnten sich die Staaten seit nunmehr zwanzig Jahren auf keine Neuerung des Regelwerks einigen. Der Bedarf dafür ist groß. Die Folgerung, dass deshalb eine unilaterale Vorgehensweise besser ist, ist nicht belegt.
4) In den USA sind protektionistische Maßnahmen populär.
Verstörende Vorgehensweise
Das Vorgehen der US-Regierung ist aus drei Gründen verstörend:
1) Nach den Regeln der Welthandelsorganisation können in bestimmten Fällen Schutzzölle eingehoben werden. Stark ansteigende Importe, Subventionen oder Verkaufspreise unter den Kosten. In Ausnahmefällen kann auch eine Gefahr für die nationale Sicherheit angebracht werden. Weil die „normalen“ Punkte nicht gelten, hat die US-Administration tatsächlich Letzteres angeführt. Die Plausibilität der Begründung ist herausgefordert.
2) Denn die überwiegende Mehrheit der Importe von Stahl und Aluminium erfolgt aus befreundeten Staaten, teilweise sogar von NATO-Mitgliedern.
3) Die Aussage des US-Präsidenten, wonach Handelskriege gut und einfach zu gewinnen seien, hat viele vor den Kopf gestoßen.
Risiko Eskalation
Das Risiko einer Eskalation ist angestiegen. Die Strategie „Wie du mir, so ich dir“ kann leicht aus dem Ruder laufen.
1) Die von den US-Zöllen betroffen Länder könnten Zölle auf andere Güter aus den USA einheben.
2) Andere Länder als die USA könnten Zölle auf Stahl und Aluminiumimporte einheben, um den heimischen Sektor zu schützen.
3) Wenn den wahrscheinlichen Klagen gegen die US-Maßnahmen vor dem WTO-Gericht nicht stattgeben wird, könnten auch andere auf die Idee kommen, aus Gründen der nationalen Sicherheit Zölle auf Güter einzuheben.
4) Das würde das gesamte WTO-Regelwerk in Frage stellen.
Stagflationäre Wirkung
Generell erhöhten Zölle auf bestimmte Produkte das Preisniveau der Importe. Den Produzenten von Stahl und Aluminium im US-Inland wird dadurch geholfen. Theoretisch gesehen könnten deshalb die Absatzpreise bzw. die Gewinne der Produzenten von Stahl und Aluminium außerhalb der USA unter Druck geraten. Aber zu einem bestimmten Teil werden in den USA die Importpreise bzw. die Kosten für andere Unternehmen, die Stahl und Aluminium verarbeiten, ansteigen.
Teilweise wird das zulasten der Gewinne dieser Unternehmen gehen, teilweise werden auch die Konsumentenpreise ansteigen. Weil die Erträge der Unternehmen beziehungsweise die Einkommen der Konsumenten nicht im selben Ausmaß ansteigen, sinkt das verfügbare Einkommen. Das Wirtschaftswachstum wird gedämpft. Das Ergebnis: höheres Preis-, niedrigeres Produktionsniveau.
Direkte Effekte nicht relevant
Gemessen am Bruttoinlandsprodukt sind die angekündigten Maßnahmen nicht relevant. Im vergangenen Jahr betrug die Summe der produzierten Güter und Dienstleistungen rund US Dollar 19738 Milliarden (Quelle: OECD). Die Industrien Stahl und Aluminium tragen rund 0,3% zum Bruttoinlandsprodukt bei.
Die Stahl- und Aluminiumimporte liegen bei knapp 0,3% des BIP. Da die NAFTA-Partner Kanada und Mexiko sowie Australien zumindest temporär von den Zöllen ausgenommen sind, verringern sich diese Werte nochmals. Immerhin hat Kanada den größten Importanteil bei sowohl Stahl als auch Aluminium. Australien ist nicht von Bedeutung.
Schlussfolgerung:
Die Zölle auf Stahl und Aluminium werden auf die volkswirtschaftlichen Kategorien Wirtschaftswachstum und Inflation keine signifikanten Auswirkungen haben. „Lediglich“ die Vorgehensweise ist verstörend. Das Risiko liegt in einer Eskalation.
Wichtige rechtliche Hinweise:
Prognosen sind kein zuverlässiger Indikator für künftige Entwicklungen.