Die neue Normalität
Die Bedeutung von China für das weltweite Wirtschafts- und Finanzsystem nimmt weiter rasant zu. Im vergangenen Jahr wurde ein weiterer Meilenstein gesetzt. China ist die größte Volkswirtschaft der Welt. Die in einem Jahr produzierten Güter und Dienstleistungen sind größer als jene in den Vereinigten Staaten. Damit liefert China mit 30% den größten Beitrag zum Wachstum der weltweiten Wirtschaft.
Transformation
Das Ziel für das reale Wirtschaftswachstum liegt für 2015 bei 7%. Die jüngsten, enttäuschend schwachen Wirtschaftsindikatoren deuten auf einen Wert darunter hin. Tatsächlich befindet sich die chinesische Volkswirtschaft in einem langfristigen Transformationsprozess. Das von Exporten und vor allem Investitionen getriebene und von einem sehr hohen Kreditwachstum finanzierte Wachstum wird auf nachhaltige Beine gestellt. Langfristig sollen, wie in einer modernen Volkswirtschaft üblich, sowohl der Konsum als auch der Servicesektor einen dominanten Anteil an der Wirtschaftsleistung haben. Nur so kann eine Stagnation auf einem mittleren Einkommensniveau abgewehrt werden. Dazu gehört ein Liberalisierungsprozess. Die Planwirtschaft wird zugunsten eines marktwirtschaftlichen Systems zurückgedrängt. Flankiert wird dieser Prozess durch Maßnahmen zur Bekämpfung der Korruption.
Feinsteuerung
Damit die langfristig angelegte Abschwächung des Wirtschaftswachstums auf ein nachhaltiges Niveau und das Vermächtnis des Kredit- und Investitionsbooms – notleidende Kredite und unrentable Projekte – nicht zu einer „harten“ Landung führen, lenkt die chinesische Wirtschaftspolitik im Fall von enttäuschenden Wirtschaftsdaten entgegen. So sind in den vergangenen Monaten die Leitzinsen und die Mindestreservesätze gesenkt und das Budgetdefizit ausgeweitet worden. Auch die Eigenkapitalerfordernisse für Immobilienkäufe wurden gelockert.
Internationalisierung
Der Aufstieg Chinas kann auch anhand der Gründung einer eigenen multilateralen Entwicklungsbank abgelesen werden an der sich auch viele westliche Staaten beteiligen.
Damit im Einklang schreiten der Abbau der Kapitalverkehrsrichtlinien und die Internationalisierung der chinesischen Währung weiter voran. Der Renminbi könnte bald den Status als konvertierbare Währung zuerkannt bekommen. Ob der Renminbi in weiterer Folge auch in den Währungskorb für die Buchwährung des Internationalen Währungsfonds, das Sonderziehungsrecht, aufgenommen wird, hängt dann nur noch von politischen Argumenten ab.
Finanzmärkte
Die Internationalisierung des Renminbi impliziert, dass es nicht im Interesse von China ist, sich am globalen Abwertungswettlauf zu beteiligen. Zudem wird der Anteil von chinesischen Aktien und Anleihen in globalen Indizes zunehmen. Das wird für Aktien eine Unterstützung bieten, auch wenn aktuell die Gewinnentwicklung Richtung Süden zeigt. Darüber hinaus benötigt eine Reservewährung einen großen, liquiden Rentenmarkt. Da die Renditen in China deutlich über dem Niveau der anderen Reservewährungen liegen, dürfte ein zunehmendes Emissionsvolumen von chinesischen Anleihen kein Problem darstellen.